„α-Liponsäure, (abgekürzt LA vom englischen lipoic acid oder ALA vom englischen alpha lipoic acid; anderer Name Thioctsäure) ist eine schwefelhaltige Fettsäure. In ihrer natürlichen (R)-Form kommt sie als Coenzym in den Mitochondrien fast aller Eukaryoten vor und spielt eine wichtige Rolle im Energiestoffwechsel. Die Salze der Liponsäure heißen Lipoate.
Struktur und Isomerie
α-Liponsäure ist eine schwefelhaltige Fettsäure, wobei die beiden Schwefelatome in einer Ringstruktur miteinander verbunden sind. Die natürliche α-Liponsäure ist am (einzigen) stereogenen Zentrum (R)-konfiguriert; ihr Enantiomer ist (S)-konfiguriert.
Isomere von Liponsäure | ||
Name | (R)-Liponsäure | (S)-Liponsäure |
Andere Namen | L-Liponsäure (+)-Liponsäure |
D-Liponsäure (−)-Liponsäure |
Strukturformel | ||
CAS-Nummer | 1200-22-2 | 1077-27-6 |
1077-28-7 (RS) | ||
EG-Nummer | 638-752-2 | 664-251-3 |
214-071-2 (unspez.) | ||
ECHA-Infocard | 100.166.365 | 100.190.488 |
100.012.793 (unspez.) | ||
PubChem | 6112 | 445125 |
864 (unspez.) | ||
DrugBank | DB00166 | − |
Wikidata | Q27887203 | Q21097956 |
Q312229 (unspez.) |
In der Natur sind nur die (R)-Liponsäure[5] (Synonym L-Liponsäure) und ihre reduzierte Form, die Dihydroliponsäure[6] (6,8-Dithiooctansäure), biologisch aktiv. Strukturanaloga mit sechs- oder mehrgliedrigen Ringen sind biologisch unwirksam.
Als Arzneistoff wird außer der (R)-Liponsäure auch das Racemat (RS)-Liponsäure [Synonyme: DL-Liponsäure, (±)-Liponsäure] verwendet.
Strukturformel | |||||||||
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Vereinfachte Strukturformel (ohne Stereochemie) | |||||||||
Allgemeines | |||||||||
Name | Liponsäure | ||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | C8H14O2S2 | ||||||||
Kurzbeschreibung | gelbliche Nadeln [(RS)-Liponsäure][1] | ||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | |||||||||
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Arzneistoffangaben | |||||||||
ATC-Code | |||||||||
Wirkstoffklasse | Neuropathiemittel | ||||||||
Eigenschaften | |||||||||
Molare Masse | 206,33 g·mol−1 | ||||||||
Aggregatzustand | fest | ||||||||
Schmelzpunkt | |||||||||
Siedepunkt | 160–165 °C [(R)-Liponsäure][2] | ||||||||
pKs-Wert | 5,4[1] | ||||||||
Löslichkeit | nahezu unlöslich in Wasser (127 mg·l−1 bei 25 °C)[3], schlecht in Ethanol (50 g·l−1)[4] | ||||||||
Sicherheitshinweise | |||||||||
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Toxikologische Daten | 502 mg·kg−1 (LD50, Maus, oral)[3] | ||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Funktion
α-Liponsäure wirkt in vielen enzymatischen Reaktionen, vornehmlich bei oxidativen Decarboxylierungen, als Coenzym. Ihre Aufgabe besteht im Wasserstoff- und Acyl-Gruppen-Transfer. Als Bestandteil des Pyruvat-Dehydrogenase-Komplexes der Mitochondrien, dem Verbindungsglied zwischen Glykolyse und Citratzyklus und dem α-Ketoglutarat-Dehydrogenase-Komplex im Citratzyklus, spielt sie eine wichtige Rolle im Energiestoffwechsel. Mit ihrer reduzierten Form Dihydroliponsäure bildet α-Liponsäure ein biochemisches Redoxsystem. α-Liponsäure ist ein Radikalfänger und starkes Antioxidans, das im Körper verbrauchte Antioxidantien wie Vitamin C, Vitamin E, Coenzym Q10 oder Glutathion regenerieren kann.[7]
α-Liponsäure wirkt auch als Antidot bei Vergiftungen mit Amanita-Pilzen.[8]
Verwendung
α-Liponsäure wird seit 1966 in Deutschland als Arzneistoff zur Behandlung von Lebererkrankungen und bei peripheren Polyneuropathien eingesetzt.
In der Chelat-Therapie kann α-Liponsäure bei Vergiftung mit anorganischen Quecksilberverbindungen eingesetzt werden.[9] Im Gegensatz zu anderen Chelatbildnern wie DMSA oder DMPS kann Liponsäure in alle Bereiche des zentralen und peripheren Nervensystems eindringen,[10] kann insbesondere die Blut-Hirn-Schranke passieren.[1] Ihre Wirksamkeit zu diesem Zweck beruht vor allem auf ihrer reduzierten Form Dihydroliponsäure, einem Dithiol, das starke antioxidative Eigenschaften besitzt und Chelatbindungen eingehen kann. Die Ausscheidung dieser Komplexe erfolgt fast ausschließlich über die Gallenwege.[11]
Wegen ihrer antioxidativen Wirkung wird α-Liponsäure auch als Nahrungsergänzungsmittel angeboten.
Handelsnamen
Alpha-Lipogamma (D), Alpha-Lipon STADA (D), Alpha-Vibolex (D), Biomo-Lipon (D), espa-lipon (D), Liponsäure-ratiopharm (D), Neurium (D), Pleomix-Alpha (D), Sana Alpha-Liponsäure (D), Thioctacid (D, A), Thiogamma (D), Tromlipon (D), Vitatrans (D), Alpha-Lipon AL (D), Alpan (D), Unilipon (D).
Literatur
- Biewenga, GP. et al. (1997): The Pharmacology of the Antioxidant Lipoic Acid. In: Gen Pharmacol. 29(3); 315–331; PMID 9378235.
- Biewenga, GP. et al. (1997): The role of lipoic acid in the treatment of diabetic polyneuropathy. In: Drug Metab Rev. 29(4), 1025–1054; PMID 9421684.
- Berkson Burt (1998): The Alpha Lipoic Acid Breakthrough. Three Rivers Press New York; ISBN 0-7615-1457-0.
Einzelnachweise
- ↑ Hochspringen nach:a b c Eintrag zu Liponsäure. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 17. April 2013.
- ↑ Hochspringen nach:a b c The Merck Index, 9. Auflage, 1976, ISBN 0-911910-26-3; S. 1203–1204.
- ↑ Hochspringen nach:a b Eintrag zu Liponsäure in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM).
- ↑ Hochspringen nach:a b c Datenblatt (±)-α-Lipoic acid bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 7. April 2011 (PDF).
- ↑ Peter Nuhn: Naturstoffchemie, S. Hirzel Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 1990, ISBN 3-7776-0473-9, S. 359.
- ↑ Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Dihydroliponsäure: CAS-Nummer: 462-20-4, EG-Nummer: 610-288-5, ECHA-InfoCard: 100.120.390, PubChem: 421, ChemSpider: 408, DrugBank: DB03760, Wikidata: Q5276437.
- ↑ A. Gorąca, H. Huk-Kolega u. a.: Lipoic acid – biological activity and therapeutic potential. In: Pharmacological Reports Band 63, Nummer 4, 2011, S. 849–858, PMID 22001972.
- ↑ Frank D. Gunstone, John L. Harwood, Albert J. Dijkstra: The Lipid Handbook. Third Edition, CRC Press, 2007, ISBN 0-8493-9688-3, S. 12.
- ↑ Rooney J: The role of thiols, dithiols, nutritional factors and interacting ligands in the toxicology of mercury. In: Toxicology. 234, Nr. 3, 2007, S. 145–156. doi:10.1016/j.tox.2007.02.016. PMID 17408840.
- ↑ Packer L, Tritschler HJ, Wessel K: Neuroprotection by the metabolic antioxidant alpha-lipoic acid. In: Free Radical Biology and Medicine. 22, Nr. 1–2, 1997, S. 359–378. PMID 8958163.
- ↑ Gregus Z, Stein AF, Varga F, Klaassen CD: Effect of lipoic acid on biliary excretion of glutathione and metals. In: Toxicology and Applied Pharmacology. 114, Nr. 1, 1992, S. 88–96. doi:10.1016/0041-008X(92)90100-7. PMID 1585376.
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