Wie altert das Immunsystem?
Medizinische Hochschule Hannover
Ein MHH-Forschungsteam zeigt sehr präzise und umfassend den Zusammenhang zwischen Immunprofilen und Alter, Geschlecht, Rauchen, Fettleibigkeit sowie Erkrankungen auf.
Ein Forschungsteam um Professor Reinhold Förster vom Institut für Immunologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) hat zusammen mit Mitarbeitenden der MHH-Klinik für Dermatologie, des MHH-Instituts für Virologie und der MHH-Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie anhand von Blutproben die Anzahl, Art und den Aktivierungszustand der Immunzellen analysiert und daraus detaillierte Immunprofile erstellt, die präziser und umfassender sind als alle bisherigen. Die Ergebnisse dieser wegweisenden Studie wurden in der Fachzeitschrift EBioMedicine veröffentlicht.
Es zeigte sich ein klarer Zusammenhang zwischen Alter, Geschlecht, Rauchen, Fettleibigkeit und Erkrankungen wie Osteoporose, Herzinsuffizienz und Gicht mit bestimmten Immunsignaturen. Besonders auffällig war, dass Menschen mit einer latenten Zytomegalie-Virusinfektion einen erhöhten Anteil von bestimmten Gedächtnis-T-Zellen aufwiesen. „Unsere Ergebnisse heben relevante Immunsignaturen hervor, die das Verständnis altersbedingter Veränderungen des Immunsystems und deren Verbindung zu Krankheiten erweitern“, erklärt Dr. Riemann, Erstautor der Studie. Gleichzeitig betont er: „Das Immunsystem ist äußerst komplex und variiert stark von Mensch zu Mensch, was allgemeingültige Aussagen erschwert.“
Das Forschungsteam konnte die Veränderungen des Immunsystems über ein breiteres Altersspektrum hinweg detaillierter abbilden als in bisherigen Studien – selbst subtile Veränderungen wurden sichtbar. Die große Teilnehmerzahl der Kohorte ermöglichte nicht nur den Vergleich zwischen jungen und älteren Menschen, sondern auch differenzierte Analysen innerhalb der älteren Gruppe. Besonders beeindruckend war die hochauflösende Analyse der Immunzellen: Mit 60 verschiedenen Markern für Oberflächenproteine konnten selbst kleinste Subgruppen von Zellpopulationen präzise charakterisiert werden. So gelang es dem Team beispielsweise, die CD4-T-Lymphozyten (T-Helferzellen) in 18 verschiedene Subgruppen zu unterteilen.
Ein weiteres Highlight war der Einsatz objektiver, computerbasierter Clustering-Methoden zur Zelltypisierung. Anstatt subjektiv anhand visualisierter Daten zu entscheiden, welche Zellen welcher Population angehören, übernahm ein Algorithmus diese Zuordnung – präziser und reproduzierbarer als dies manuell möglich ist. „Wir haben 97 angeborene und adaptive Immunzellcluster untersucht und dabei komplexe, alters- und geschlechtsspezifische Veränderungen im Immunsystem älterer Menschen aufgedeckt“, erklärt Co-Erstautor Rodrigo Gutierrez, PhD.
Link: https://idw-online.de/de/news850239
Die Originalpublikation finden Sie unter: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39862806/
ISTA-Forschende: Antibiotikaresistenz eher Hilfsfunktion bei Darmbakterien
Institute of Science and Technology Austria
Könnte ein regulatorisches Netzwerk von Genen in Darmmikroben seine ausgeklügelten und streng regulierten molekularen Maschinen nur entwickelt haben, um wahllos Antibiotika herauszupumpen? Forschende des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) zeigen, dass dies eine Hilfsfunktion ist. Indem die genetische Aktivität auf einem Grundniveau gehalten wird, wenn das Netzwerk im AUS-Zustand ist, stellen diese Gene sicher, dass die Bakterien fit und anpassungsfähig an ihre hochvariable Umgebung im Darm bleiben. Die Ergebnisse wurden in PNAS veröffentlicht.
Link: https://idw-online.de/de/news850353
Welt-Parkinson-Tag 2025: Neues aus der Forschung – Pressemappe zur Pressekonferenz
Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen e.V.
Steife Muskeln, verlangsamte Bewegungen, zitternde Hände – Morbus Parkinson betrifft rund 400.000 Menschen in Deutschland. Zum Welt-Parkinson-Tag 2025 (11. April) gibt es ermutigende Fortschritte in Forschung und Therapie zu vermelden. Expertinnen und Experten der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG) und der Parkinson Stiftung haben diese am 7. April in einer gemeinsamen Online-Pressekonferenz zusammengefasst.
Link: https://idw-online.de/de/news850416
Künftige Bundesregierung
Koalitionsvertrag: Das wollen Union und SPD im Gesundheitswesen ändern
Die neue Bundesregierung steht: Union und SPD haben ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Darin enthalten: eine Reform des Gesundheitswesens. Wir geben einen Überblick.
Veröffentlicht: 09.04.2025, 15:57 Uhr | aktualisiert: 09.04.2025, 16:52 Uhr
Erfolgreiche Therapie bei bislang unheilbarem fortgeschrittenem Lungenhochdruck
Medizinische Hochschule Hannover
Das neue Medikament Sotatercept stoppt den Umbau der Lungengefäße und hilft sogar bislang austherapierten Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener pulmonaler arterieller Hypertonie (PAH).
Die pulmonale arterielle Hypertonie (PAH) ist eine seltene Form des Lungenhochdrucks. Dieser entsteht, weil sich durch fortschreitende Gefäßveränderungen die kleinen Lungenarterien verengen. Dadurch muss die rechte Herzhälfte stärker pumpen, um das Blut in die Lunge zu transportieren, und der Blutdruck im Lungenkreislauf steigt.
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PAH gehört zu den seltenen Erkrankungen, ist aber sehr schwerwiegend. Betroffen sind hauptsächlich Frauen im Alter zwischen 30 und 60 Jahren. Die Diagnose ist schwierig, weil die Symptome wie Kurzatmigkeit, Müdigkeit, geschwollene Füße, Schmerzen in der Brust oder Kreislaufprobleme mit denen anderer Herz- und Lungenerkrankungen verwechselt werden. Weil der chronisch erhöhte Blutdruck im Lungenkreislauf zugleich die rechte Herzhälfte belastet, führt PAH nicht nur zu eingeschränkter körperlicher Aktivität, sondern auch zu Rechtsherzinsuffizienz (Herzschwäche), Herzversagen und einer reduzierten Lebenserwartung. Ursache ist eine Fehlsteuerung in den kleinen Lungenarterien.
Die kleinen Blutgefäße in unserem Körper, die vom Herzen zur Lunge führen, werden permanent umgebaut: Zellen der Gefäßinnenschicht sterben ab, neue Endothelzellen wachsen nach. Bei PAH sind diese Umbauprozesse innerhalb dieser Arteriolen aus dem Gleichgewicht geraten. Es werden mehr Endothelzellen gebildet als absterben. Anstelle einer einzelnen Endothelschicht lagern sich daher immer neue Schichten in der Gefäßinnenseite übereinander, und die Gefäße verengen sich. Der biologische Schalter für die Neubildung der Endothelzellen ist ein Protein namens Aktivin. Sotatercept wirkt als „Ligandenfalle“, blockiert die Aktivin-Funktion und unterbricht die krankhafte Signalübertragung. „Mit Sotatercept greifen wir in der Medizin zum ersten Mal überhaupt in die grundlegenden Mechanismen der Gefäßregulation ein“, sagt Professor Hoeper.
Link: https://idw-online.de/de/news850326
Die Originalarbeit der ZENITH-Studie „Sotatercept in Patients with Pulmonary Arterial Hypertension at High Risk for Death” finden Sie unter: https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2415160
Neue Erkenntnisse zur T-Zell-Erschöpfung: Körper rüstet sich früh für unterschiedliche Krankheitsgrade
Technische Universität München
Auch bei unkomplizierten Infektionen stellt der Körper sich schon zu Krankheitsbeginn auf einen potenziell schweren Krankheitsverlauf ein. Dies haben Forschende der Technischen Universität München (TUM) und von Helmholtz Munich herausgefunden. Das Team konnte zeigen, dass der Körper zu Beginn unkomplizierter Erkrankungen auch spezielle T-Zellen bildet, die bislang nur bei chronischen, schweren Infektionen und in Tumoren nachgewiesen worden waren.
Es gibt verschiedene Gruppen von T-Zellen im Körper, sie alle spielen eine entscheidende Rolle für das Immunsystem. Sie bekämpfen Krankheitserreger und steuern die Immunreaktion. Manche Subtypen von ihnen reduzieren aber im Krankheitsverlauf ihre Schlagkraft oder stellen ihre Aktivität sogar komplett ein. Dies hat eigentlich eine Schutzfunktion: Bei einigen langwierigen Krankheiten würde es dem Körper schaden, wenn das Immunsystem die Erreger ununterbrochen aggressiv bekämpft. In der Therapie schwerer Erkrankungen wie Krebs ist diese sogenannte T-Zell-Erschöpfung jedoch ein Problem, da Therapiemaßnahmen dann mitunter nicht mehr greifen.
Bislang ging man davon aus, dass der Körper ausschließlich bei schweren und chronischen Erkrankungen solche T-Zellen bildet. Die Ergebnisse der Forschenden der TUM und von Helmholtz Munich zeigen nun, dass dem nicht so ist. „Wir konnten nachweisen, dass der Körper bereits in frühen Infektionsphasen moderater Krankheiten T-Zell-Subtypen vorbereitet, die in sich die Anlage zur Erschöpfung haben“, sagt Dietmar Zehn, Professor für Tierphysiologie und Immunologie an der TUM und Letztautor der Studie.
Das Team leitet aus der Entdeckung ab, dass der Körper schon früh zu Krankheitsbeginn eine Mischung unterschiedlicher T-Zellen zusammenstellt, um sich so für verschiedene Krankheitsverläufe zu wappnen. Je nach Krankheitsverlauf stehen ihm dann Zellen zur Verfügung, um die Immunantwort aggressiv oder sanfter zu gestalten – und unter Umständen eben auch abzubrechen.
„Unsere Ergebnisse erweitern die klassische Vorstellung von der Entstehung von T-Zell-Erschöpfung“, sagt Dietmar Zehn. „Wir gehen deshalb davon aus, dass unsere Beobachtungen dazu beitragen, die Mechanismen hinter der T-Zell-Erschöpfung weiter zu entschlüsseln.“ Diese Prozesse besser zu verstehen, könnte zukünftig dabei helfen, die Immunreaktion gezielt zu steuern – etwa um das Immunsystem bei Krebserkrankungen zu stärken oder um eine übermäßige Abwehr abzuschwächen, wie sie zum Beispiel für schwere Covid-Verläufe typisch ist.
Link: https://idw-online.de/de/news850280
Originalpublikation: Chu, T., Wu, M., Hoellbacher, B. et al.: Precursors of exhausted T cells are pre-emptively formed in acute infection. Nature (2025). https://doi.org/10.1038/s41586-024-08451-4.