Frage an OpenAI:
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es heute für Patienten mit multiplem Myelom?
ChatGPT:
Seit April 2025 hat sich die Behandlungslandschaft für multiples Myelom erheblich weiterentwickelt und bietet Patienten eine Reihe von Optionen, die auf das Stadium der Erkrankung, frühere Behandlungen und individuelle Gesundheitsfaktoren zugeschnitten sind. Hier ein Überblick über die aktuellen Therapien:
Erstlinienbehandlung für neu diagnostizierte Patienten
Sowohl für transplantationsfähige als auch für transplantationsunfähige Patienten empfiehlt das National Comprehensive Cancer Network (NCCN) nun eine Vierfachtherapie als Standardbehandlung. Ein bevorzugtes Schema umfasst:
MedPath+1OncLive+1
OncLive
Daratumumab (Darzalex)
Lenalidomid (Revlimid)
Bortezomib (Velcade)
Dexamethason
OncLive+OncLive+Reuters
Reuters
Diese Kombination hat in aktuellen Phase-3-Studien eine überlegene progressionsfreie Überlebensrate im Vergleich zu Dreifachtherapien gezeigt.
OncLive+2MedPath+2OncLive+2
Behandlung von rezidiviertem oder refraktärem multiplem Myelom
Für Patienten, deren Erkrankung rezidiviert ist oder auf vorherige Behandlungen nicht anspricht, stehen mehrere fortschrittliche Therapien zur Verfügung:
Belantamab mafodotin (Blenrep): Ein Antikörper-Wirkstoff-Konjugat gegen BCMA, das im April 2025 in Großbritannien für die Anwendung in Kombination mit Bortezomib und Dexamethason oder Pomalidomid und Dexamethason zugelassen wurde. Klinische Studien haben im Vergleich zu Standardbehandlungen eine verbesserte Gesamtüberlebensrate und progressionsfreie Überlebensrate gezeigt.
Reuters+1OncLive+1
Elranatamab (Elrexfio): Ein bispezifischer Antikörper, der im Dezember 2023 in der EU für Patienten mit rezidiviertem/refraktärem multiplem Myelom zugelassen wurde, die mindestens vier vorherige Therapien erhalten haben. Er wirkt, indem er sowohl BCMA auf Myelomzellen als auch CD3 auf T-Zellen bindet, um die Immunantwort zu verstärken.
Wikipedia
Idecabtagene vicleucel (Abecma): Eine CAR-T-Zelltherapie, die im August 2021 in der EU für Patienten mit rezidivierter/refraktärer Erkrankung nach mehreren vorherigen Behandlungen zugelassen wurde. Dabei werden die körpereigenen T-Zellen des Patienten so modifiziert, dass sie gegen BCMA auf Myelomzellen wirken.
Wikipedia
Linvoseltamab (Lynozyfic): Ein bispezifischer Antikörper, der gegen CD3 und BCMA gerichtet ist und Anfang 2025 in der EU für die bedingte Zulassung für Patienten empfohlen wird, die mindestens drei vorherige Therapien erhalten haben.
Reuters+2Wikipedia+2Wikipedia+2
Unterstützende und Erhaltungstherapien
Zu den laufenden Behandlungsstrategien gehören:
Autologe Stammzelltransplantation: Wird häufig nach einer Induktionstherapie durchgeführt, um die Remission zu konsolidieren.
Erhaltungstherapie: Umfasst Medikamente wie Lenalidomid oder Bortezomib zur Verlängerung der Remission und Verzögerung des Rückfalls.
OncLive
Unterstützende Pflege: Die Behandlung von Komplikationen wie Infektionen, Anämie, Knochenerkrankungen und Nierenschäden ist entscheidend für die Verbesserung der Lebensqualität.
Gesundheit
Neue Therapien und klinische Studien
Die Behandlungslandschaft entwickelt sich weiter und es befinden sich vielversprechende Therapien in der Entwicklung, darunter:
In-vivo-CAR-T-Therapien: Die Übernahme von EsoBiotec durch AstraZeneca zielt auf die Entwicklung einfacherer, injizierbarer CAR-T-Behandlungen ab, die möglicherweise die Kosten senken und die Zugänglichkeit verbessern könnten.
The Guardian
Andere bispezifische Antikörper und Antikörper-Wirkstoff-Konjugate: Die laufende Forschung konzentriert sich auf die Verbesserung der Wirksamkeit und die Verringerung der Nebenwirkungen.
Für Patienten in Deutschland entsprechen die Behandlungsmöglichkeiten im Allgemeinen den EU-Richtlinien. Es ist ratsam, einen Hämatologen oder Onkologen zu konsultieren, um einen individuellen Behandlungsplan auf der Grundlage des Gesundheitszustands und der Krankheitsmerkmale zu besprechen.
Alpha-1 Antitrypsin-Mangel: Was schützt die einen – und die anderen nicht?
Max-Planck-Institut für Biochemie
Forschende der Abteilung für Proteomik und Signaltransduktion von Matthias Mann am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München haben im Rahmen einer internationalen Studie Lebergewebe von deutschen und dänischen Patienten analysiert. Dabei kam das Proteomanalyse-Verfahren Deep Visual Proteomics zum Einsatz. Nun ist klar, warum manche Patienten mit der erblichen Erkrankung Alpha-1 Antitrypsin-Mangel trotz Gendefekts gesund bleiben. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachmagazin Nature veröffentlicht.
Auf den Punkt gebracht:
- Erbliche Erkrankung Alpha-1-Antitrypsin-Mangel: Forschende haben herausgefunden, warum manche Patienten trotz eines Gendefekts gesund bleiben, während andere eine schwere Leberfibrose entwickeln
- Deep Visual Proteomics: verwendete Methode kombiniert KI-Bildanalyse und Massenspektrometrie um unterschiedlicher Proteinzusammensetzung in Leberzellen zu analysieren
- Proteinaggregate in Leberzellen: Krümelförmige Aggregate sind frühe Gegenreaktion gestresster Zellen auf Erkrankung; ballförmige Aggregate treten später auf und korrelieren mit der Leberfibrose
- Hoffnung auf klinische Anwendung: Ein möglicher Ansatz wäre die Entwicklung eines Leberfibrose-Frühwarnsystems, das auf der frühen peroxisomalen Antwort der Leberzellen basiert.
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Link: https://idw-online.de/de/news850904
Originalpublikation: Florian A. Rosenberger, Sophia C. Mädler, Katrine Holtz Thorhauge, Sophia Steigerwald, Malin Fromme, Mikhail Lebedev, Caroline A. M. Weiss, Marc Oeller, Maria Wahle, Andreas Metousis, Maximilian Zwiebel, Niklas A. Schmacke, Sönke Detlefsen, Peter Boor, Ondřej Fabián, Soňa Fraňková, Aleksander Krag, Pavel Strnad & Matthias Mann: Deep Visual Proteomics maps proteotoxicity in a genetic liver disease, Nature, April 2025
DOI: https://doi.org/10.1038/s41586-025-08885-4 | https://www.nature.com/articles/s41586-025-08885-4
Nervenkrankheit ALS: Zellulärer Pannendienst könnte Proteinverklumpung vermeiden
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Forschende der Goethe-Universität, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel entdecken möglichen Weg zur Vermeidung von Proteinaggregaten – Forschungsprojekt des Zukunftsclusters PROXIDRUGS
Amyotrophe Lateralsklerose ist mit 2500 Neuerkrankungen pro Jahr eine verhältnismäßig seltene, aber sehr schwere Erkrankung des Nervensystems. Eine Heilung ist bisher nicht möglich. Durch ALS werden langsam die motorischen Nervenzellen in Gehirn und Rückenmark zerstört, die die Muskeln steuern. Die Folge ist eine fortschreitende Muskellähmung, sodass viele Patient*innen auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Im späteren Verlauf fällt es ihnen schwer, zu sprechen und zu schlucken, schließlich ist auch die Atemmuskulatur betroffen.
In den motorischen Nervenzellen treten bei ALS schwer lösliche Proteinverklumpungen auf. Solche Aggregate bestehen unter anderem aus dem Protein TDP 43, das im RNA-Stoffwechsel der Zelle verschiedene wichtige Funktionen erfüllt. Während TDP 43 in gesunden Zellen hauptsächlich in gelöster Form im Zellkern zu finden ist, bildet es bei ALS-Patient*innen schwer lösliche Aggregate, die sich vorwiegend außerhalb des Zellkerns ansammeln. Diese führen dazu, dass TDP 43 seine Funktionen nicht mehr erfüllen kann und es letztlich zum Absterben der motorischen Nervenzellen kommt.
Im Rahmen des vom Bundesforschungsministerium (BMBF) geförderten Zukunftsclusters PROXIDRUGS haben Forschende der Universitäten Frankfurt, Mainz und Kiel jetzt einen Weg gefunden, wie – in kultivierten Zellen – die Bildung der schädlichen TDP 43-Aggregate verhindert werden kann. Dazu setzten die Wissenschaftler*innen um Kristina Wagner, Dr. Jan Keiten-Schmitz und Prof. Stefan Müller vom Institut für Biochemie II der Goethe-Universität die Zellen unter Stress, etwa durch eine erhöhte Temperatur oder eine chemische Substanz. Dadurch gelangte eine gewisse Menge an TDP 43 aus dem Zellkern in den Zellinnenraum und sammelte sich dort in sogenannten Stressgranula.
„Die Bildung solcher Stressgranula ist ein normaler Vorgang und dient der Zelle als eine Art temporärer Schutzraum für wichtige Proteine, damit diese der Zelle nach Abklingen des Stresses direkt wieder zur Verfügung stehen“, erklärt Keiten-Schmitz. „Wenn TDP 43 mutiert ist wie in den Zellen vieler ALS-Patient*innen, lösen sich die Stressgranula jedoch nicht auf, verfestigen sich immer weiter und schädigen schließlich die Nervenzellen.“
Den Wissenschaftler*innen gelang es zu verhindern, dass TDP 43 bei Stress aus dem Zellkern austritt, indem sie es vom Pannendienst der Zelle abschleppen ließen. Sie koppelten TDP 43 an ein Protein namens SUMO, das TDP 43 zur zellulären “Werkstatt“ – sogenannten Kernkörperchen – dirigierte. „So bleibt TDP 43 löslich, und die Kernkörperchen sorgen – wie eine Werkstatt – dafür, dass schädliche Formen von TDP 43 korrigiert oder in einem zelleigenen Recycling-System abgebaut werden“, sagt Kristina Wagner, eine Erstautorin der Studie. Unlösliche Verklumpungen, die die Zelle krank machen, würden damit erst gar nicht entstehen können.
Derzeit sind die Forschenden auf der Suche nach medizinischen Wirkstoffen, die SUMO und TDP 43 zusammenbringen – einige mögliche Kandidaten haben sie bereits gefunden. Arbeitsgruppenleiter Müller erläutert: „Unsere Zellkulturexperimente haben gezeigt: Das Prinzip funktioniert, Zellen dabei zu helfen, krankheitsfördernde TDP-43-Proteine selber unschädlich zu machen. Auch wenn der Weg zu einem möglichen Medikament gegen ALS noch sehr weit ist, lohnt es sich auf jeden Fall, diesen Ansatz weiterzuverfolgen. Denn TDP 43 Verklumpungen finden sich auch bei anderen neurodegenerativen Krankheiten, etwa bei der Frontotemporalen Demenz oder bei etwa der Hälfte aller Alzheimer-Patient*innen.“
Link: https://idw-online.de/de/news850909
Originalpublikation: Kristina Wagner, Jan Keiten-Schmitz, Bikash Adhikari, Upayan Patra, Koraljka Husnjak, François McNicoll, Dorothee Dormann, Michaela Müller-McNicoll, Georg Tascher, Elmar Wolf and Stefan Müller: Induced proximity to PML protects TDP-43 from aggregation via SUMO–ubiquitin networks. Nature Chemical Biology (2025), 10.1038/s41589-025-01886-4.
https://www.nature.com/articles/s41589-025-01886-4
Studie zeigt: Omega-6-Fettsäure fördert das Wachstum einer aggressiven Form von Brustkrebs
Linolsäure, eine Omega-6-Fettsäure, die in Samenölen wie Soja- und Distelöl sowie in tierischen Produkten wie Schweinefleisch und Eiern vorkommt, fördert einer präklinischen Studie zufolge speziell das Wachstum des schwer zu behandelnden „dreifach negativen“ Brustkrebs-Subtyps. Die Entdeckung könnte zu neuen diätetischen und pharmazeutischen Strategien gegen Brustkrebs und andere Krebsarten führen.
In der Studie, die am 14. März in Science veröffentlicht wurde, fanden die Forscher heraus, dass Linolsäure einen wichtigen Wachstumsweg in Tumorzellen aktivieren kann, indem sie an ein Protein namens FABP5 bindet. Beim Vergleich von Brustkrebs-Subtypen stellte das Team fest, dass diese Aktivierung des Wachstumsweges in dreifach negativen Tumorzellen auftritt, in denen FABP5 besonders häufig vorkommt, nicht aber in anderen hormonsensitiven Subtypen. In einem Mausmodell für dreifach-negativen Brustkrebs förderte eine linolsäurereiche Ernährung das Tumorwachstum.
Omega-6-Linolsäure ist ein aus der Nahrung stammender Nährstoff, der bei Säugetieren als essentiell für die Unterstützung zahlreicher Körperprozesse gilt. Die Menge dieses Fetts in der „westlichen“ Ernährung hat jedoch seit den 1950er Jahren erheblich zugenommen, was mit der zunehmenden Verwendung von Samenölen in frittierten und stark verarbeiteten Lebensmitteln zusammenfällt. Dies hat zu der Befürchtung geführt, dass die übermäßige Aufnahme von Omega-6-Fettsäuren eine der Erklärungen für den Anstieg bestimmter Krankheiten, einschließlich Brustkrebs, sein könnte. Jahrzehntelange Studien haben jedoch gemischte und nicht schlüssige Ergebnisse erbracht und keinen biologischen Mechanismus aufgedeckt, der Omega-6-Fettsäuren mit Krebserkrankungen in Verbindung bringt.
In der neuen Studie versuchten die Forscher, diese Unklarheit zu beseitigen, indem sie sich zunächst mit Brustkrebs befassten, der mit veränderbaren Faktoren wie Fettleibigkeit in Verbindung gebracht wird. Sie untersuchten die Fähigkeit der Omega-6-Fettsäuren – insbesondere der Linolsäure, die in der westlichen Ernährung vorherrscht -, einen wichtigen, nährstoffempfindlichen Wachstumsweg, den mTORC1-Weg, anzutreiben.
Eine erste wichtige Erkenntnis war, dass Linolsäure tatsächlich mTORC1 in Zell- und Tiermodellen von Brustkrebs aktiviert, allerdings nur bei dreifach negativen Subtypen. (Der Begriff „dreifach negativ“ bezieht sich auf das Fehlen von drei Rezeptoren, einschließlich Östrogenrezeptoren, die häufig von Brusttumorzellen exprimiert werden und mit spezifischen Behandlungen angegriffen werden können.) Die Wissenschaftler entdeckten, dass diese subtypspezifische Wirkung auftritt, weil die mehrfach ungesättigte Fettsäure einen Komplex mit FABP5 bildet, das in dreifach negativen Brusttumoren in hohen Mengen produziert wird, nicht aber in anderen Subtypen, was zur Bildung und Aktivierung von mTORC1 führt, einem wichtigen Regulator des Zellstoffwechsels und des Krebszellwachstums.
Die Fütterung von Mäusen, die ein Modell für dreifach negativen Brustkrebs darstellen, mit einer Diät mit hohem Linolsäuregehalt erhöhte den FABP5-Spiegel, die mTORC1-Aktivierung und das Tumorwachstum. Die Forscher fanden auch erhöhte Werte von FABP5 und Linolsäure in den Tumoren und Blutproben von neu diagnostizierten dreifach-negativen Patientinnen.
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Die Forscher haben erst begonnen, die Auswirkungen der Omega-6-FABP5-mTORC1-Signalübertragung bei anderen Krankheiten zu untersuchen, aber in der Studie zeigten sie, dass derselbe Signalweg das Wachstum einiger Prostatakrebs-Subtypen fördern kann.
„Möglicherweise spielt der FABP5-mTORC1-Signalweg auch bei anderen Krebsarten und sogar bei häufigen chronischen Krankheiten wie Fettleibigkeit und Diabetes eine wichtige Rolle“, sagte der Erstautor der Studie, Dr. Nikos Koundouros, ein Postdoktorand im Blenis-Labor.
Journal Reference: Nikos Koundouros, Michal J. Nagiec, Nayah Bullen, Evan K. Noch, Guillermo Burgos-Barragan, Zhongchi Li, Long He, Sungyun Cho, Bobak Parang, Dominique Leone, Eleni Andreopoulou, John Blenis. Direct sensing of dietary ω-6 linoleic acid through FABP5-mTORC1 signaling. Science, 2025; 387 (6739) DOI: https://doi.org/10.1126/science.adm9805
Wie steuert unser Gehirn Großzügigkeit?
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Psychologie: Veröffentlichung in PNAS Gibt es Gehirnbereiche, die prosoziales, altruistisches Verhalten steuern? Forschende der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) haben mit Kollegen der Universitäten in Lausanne, Utrecht und Kapstadt bei einer sehr speziellen Patientengruppe herausgefunden, dass die „basolaterale Amygdala“, ein Teil des limbischen Systems, hierbei eine wichtige Rolle spielt. In der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) beschreiben sie, dass diese Region das soziale Verhalten kalibriert.
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Durch das Urbach-Wiethe-Syndrom wird selektiv die sogenannte basolaterale Amygdala (kurz BLA) geschädigt, ohne dass andere Hirnregionen beeinträchtigt sind. Betroffene haben ein verändertes Gefühlleben und Sozialverhalten. Vor allem können sie die emotionale Bedeutung von Gesichtsausdrücken nur schwer erschließen. Insgesamt sind weltweit weniger als 150 Fälle bekannt, eine größere Gruppe von ihnen lebt in Namaqualand im Norden Südafrikas.
„Bei diesen Patienten liegt quasi ein natürliches Experimentierumfeld für Fragen des prosozialen Verhaltens vor“, ergänzt Prof. Kalenscher, „denn bei ihnen sind genau die Gehirnregionen betroffen, von denen vermutet wird, dass sie für das mitfühlende Verhalten gegenüber anderen Menschen maßgeblich sind.“
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Luca M. Lüpken, Koautorin der Studie und Doktorandin an der HHU: „Die Ergebnisse waren eindeutig: Menschen mit BLA-Schädigung waren gegenüber nahestehenden Personen genauso großzügig wie gesunde Kontrollpersonen. Doch sobald es um Personen ging, zu denen ein geringeres emotionales Verhältnis bestand, verhielten sie sich auffallend egoistischer.“
Die Studienautoren schließen daraus, dass die BLA nicht grundsätzlich notwendig ist, um altruistisch zu sein. Aber sie hilft, den Grad der Großzügigkeit abhängig von der sozialen Distanz einer Person zu regulieren. Fehlt diese Form der Kalibrierung, dominiert die natürliche Tendenz, das eigene Wohl über das Wohl anderer zu stellen, so dass die betroffenen Personen tendenziell egoistischer handeln. Nur eine große emotionale Nähe – wie die zu besten Freunden – zwingt zu mehr Mitgefühl.
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Prof. Kalenscher fasst die Ergebnisse in einen größeren Rahmen: „Soziale Entscheidungen sind nicht nur von unserer Erziehung oder Kultur geprägt, sondern sie sind auch tief in den Mechanismen unseres Gehirns verankert. Vielleicht wird es in Zukunft möglich sein, gezielte Therapien zu entwickeln, um Menschen mit sozialen Verhaltensauffälligkeiten zu helfen, ihre Entscheidungsprozesse besser zu steuern.“
Link: https://idw-online.de/de/news850709
Originalpublikation: Tobias Kalenscher, Luca M. Lüpken, Ron Stoop, David Terburg, Jack van Honk. Steeper social discounting after human basolateral amygdala damage. PNAS 2025, Vol. 122. DOI: https://doi.org/10.1073/pnas.2500692122
Alzheimer-Forschung an der SRH University: Wie Ibuprofen den Fettstoffwechsel im Gehirn beeinflusst
SRH University
In einer gemeinsamen Studie haben die SRH University und die Universität des Saarlandes herausgefunden, dass das weit verbreitete Schmerzmittel Ibuprofen den Stoffwechsel bestimmter Fette im Gehirn beeinflusst. Die speziellen Fettmoleküle stehen in enger Verbindung mit der Alzheimer-Erkrankung. Die Ergebnisse zeigen sowohl potenziell schützende als auch unerwünschte Effekte von Ibuprofen auf die Hirnchemie und könnten neue Ansätze für Therapie und Prävention eröffnen.
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Als Schlüsselfaktor gilt das Eiweiß Beta-Amyloid, das sich bei Alzheimer-Patient:innen als Plaques im Gehirn ablagert. Doch Alzheimer ist multifaktoriell: Neben Eiweißablagerungen spielen auch chronische Entzündungen und Veränderungen im Fettstoffwechsel des Gehirns eine wichtige Rolle. Vor diesem Hintergrund rückt ein Alltagsmedikament in den Fokus: Ibuprofen. Das schmerzstillende und entzündungshemmende Mittel wird seit einiger Zeit daraufhin untersucht, ob es das Alzheimer-Risiko beeinflussen kann. Bisher war allerdings unklar, wie Ibuprofen auf die biologischen Vorgänge im Gehirn wirkt – insbesondere auf die komplexen Fettstoffwechsel-Prozesse.
Hier liefert die neue in-vitro-Laborstudie nun wichtige Einblicke: Die Forschungsgruppe untersuchte am Deutschen Institut für Demenzprävention (DIDP) anhand von kultivierten menschlichen Nervenzellen im Reagenzglas erstmals systematisch, welchen Einfluss Ibuprofen auf verschiedene Lipidklassen im Gehirn hat, die in der Alzheimer-Forschung bereits als relevant bekannt sind.
Die Ergebnisse zeigen, dass Ibuprofen die Konzentration bestimmter Lipide erhöht, die entscheidend für die Gesundheit der Hirnzellen sind. So stiegen die Gehalte von Phosphatidylcholin und Sphingomyelin – beides zentrale Bausteine der Zellmembranen von Nervenzellen. Diese Membranlipide sind im Gehirn von Alzheimer-Patient:innen typischerweise verringert, was mit einer gestörten Kommunikation zwischen den Nervenzellen und Zellschäden einhergeht.
Andererseits fanden die Forschenden auch potenziell nachteilige Effekte. Ibuprofen ließ die Menge an Triacylglyceriden ansteigen. Diese Neutralfette dienen als Energiespeicher und können sich in Form von Fetttropfen in Zellen ablagern. Zudem führte das Medikament zu einer Abnahme der sogenannten Plasmalogene, schützenden Lipiden, die Zellen vor oxidativem Stress bewahren. Bei Alzheimer-Erkrankten sind die Plasmalogen-Spiegel bereits deutlich reduziert – Ibuprofen verstärkte nun diesen Effekt zusätzlich.
„Unsere Ergebnisse offenbaren hier eine zweischneidige Wirkung von Ibuprofen“, fasst Prof. Dr. habil. Marcus Grimm zusammen. „Einerseits könnten bestimmte durch Ibuprofen hervorgerufene Veränderungen an den Hirnfetten schützend sein. Andererseits sehen wir auch Veränderungen, die eher als kontraproduktiv einzustufen sind, weil sie Prozesse begünstigen könnten, die mit Alzheimer in Verbindung stehen.“
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Originalpublikation: Radermacher J. et al. (2025): Influence of Ibuprofen on glycerophospholipids and sphingolipids in context of Alzheimer’s Disease. Biomedicine & Pharmacotherapy, 185, 117969. https://doi.org/10.1016/j.biopha.2025.117969
Link: https://idw-online.de/de/news850739
Erfolg in der Enzymforschung: Neuartige Wirkstoffklasse entwickelt
Universität Duisburg-Essen
Im Inneren von Zellen sitzen zwei wichtige Enzyme, sie sind wie kleine Kontrollzentralen: Dipeptidylpeptidase 8 und 9 – kurz DPP8/9. Sie steuern unter anderem Entzündungsreaktionen und beeinflussen, ob eine Zelle weiterlebt oder abstirbt. Gerade bei Krebszellen spielen diese Mechanismen eine entscheidende Rolle. Mithilfe von Medikamenten, die DPP8/9 blockieren, ließen sich demnach Tumore bekämpfen. Bislang fehlte es jedoch an Wirkstoffen, die nur diese beiden Enzyme gezielt ausschalten, ohne andere wichtige Proteine und Vorgänge im Körper zu stören. Forschenden aus dem Zentrum für Medizinische Biotechnologie (ZMB) der Universität Duisburg-Essen ist nun ein Durchbruch gelungen:
Sie haben eine neuartige Wirkstoffklasse entwickelt, die DPP8/9 hocheffektiv und selektiv hemmt. Ihre Ergebnisse haben sie soeben in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.
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„Unsere Studie zeigt, dass es durch präzises Finetuning von Naturstoffstrukturen möglich ist, DPP8/9 gezielt und selektiv zu hemmen – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu neuen, nebenwirkungsarmen Therapien“, so Kaiser. Die neu entwickelten Moleküle könnten nicht nur für die Krebstherapie von Bedeutung sein, sondern auch bei entzündlichen oder autoimmunen Erkrankungen eingesetzt werden.
Link: https://idw-online.de/de/news850752
Originalpublikation: https://www.nature.com/articles/s41467-025-58493-z
Chlorotonil: Game-Changer im Kampf gegen multiresistente Keime
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
Forschende des HIPS entschlüsseln neuartigen Wirkmechanismus eines Naturstoff-Antibiotikums
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Je häufiger Antibiotika eingesetzt werden, desto schneller entwickeln Krankheitserreger Mechanismen, um sich deren Wirkung zu entziehen. Die Folge sind resistente Erreger, denen gebräuchliche Antibiotika nichts mehr anhaben können. Damit auch in Zukunft effektive Medikamente gegen bakterielle Infektionserkrankungen verfügbar sind, werden Antibiotika benötigt, die andere Zielstrukturen der Bakterien adressieren als alle Wirkstoffe, die bereits klinisch verwendet werden. Einen solchen Kandidaten entdeckten Forschende am HIPS bereits 2008 im Bodenbakterium Sorangium cellulosum: Die Naturstoffklasse der Chlorotonile zeigt eine starke Wirkung gegen die Krankenhauskeime Staphylococcus aureus und Enterococcus faecium sowie den Malaria-Erreger Plasmodium falciparum und nutzt dabei einen bislang unbekannten Wirkmechanismus. Das HIPS ist ein Standort des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Kooperation mit der Universität des Saarlandes.
In der nun veröffentlichten Studie konnten Forschende unter der Leitung von Dr. Jennifer Herrmann und Prof. Rolf Müller den neuartigen Wirkmechanismus der Chlorotonile aufdecken. Dabei konnten sie zeigen, dass Chlorotonile die bakteriellen Erreger, im Gegensatz zu den meisten anderen Antibiotika, mit einem kombinierten Ansatz angreifen. Zum einen binden sie an Membranlipide und destabilisieren so die bakterielle Membran. Weiterhin hemmen sie zwei Enzyme, die an der Synthese von Zellwand und Proteinen beteiligt sind. Erstautor Dr. Felix Deschner, Postdoc in Müllers Abteilung „Mikrobielle Naturstoffe“, erklärt, wie genau die Chlorotonile ihre Wirkung entfalten: „Wenn Chlorotonil an die Zellmembran bindet, können Kaliumionen unkontrolliert aus der Zelle austreten. Dadurch gerät das Zellinnere aus dem Gleichgewicht: Das elektrische Potenzial der Membran verändert sich, der osmotische Druck fällt rapide ab und essenzielle zelluläre Prozesse werden gestört.“ In Kombination mit der Inhibition der Phosphatase YbjG und der Methionin-Aminopeptidase MetAP wird die bakterielle Zelle so massiv in ihrer Funktion gestört, dass letztendlich der Zelltod einsetzt.
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Link: https://idw-online.de/de/news850763 | https://www.helmholtz-hzi.de/media-center/newsroom/news-detailseite/chlorotonil-game-changer-im-kampf-gegen-multiresistente-keime/ |
Originalpublikation: Felix Deschner, Dietrich Mostert, Jan-Martin Daniel et al.: Natural products chlorotonils exert a complex antibacterial mechanism and address multiple targets. Cell Chemical Biology. 2025. DOI: https://doi.org/10.1016/j.chembiol.2025.03.005
Kunst in unserem Leben steigert das Wohlbefinden
Universität Wien
Forscher*innen ermitteln die Vorteile am Betrachten von Kunst
Allein der Anblick von bildender Kunst, der Besuch eines Museums oder die Anwesenheit von Kunst im Krankenzimmer kann das Wohlbefinden steigern, insbesondere bei wiederholter Beschäftigung damit. Dies kann die Bedeutung, die wir im Leben empfinden, erhöhen, so das Fazit einer neuen internationalen Studie unter der Leitung von Forscher*innen der Universität Wien. Die systematische Überprüfung, die im Journal of Positive Psychology veröffentlicht wurde, untersucht erstmals umfassend, welche psychologischen Prozesse Kunst das Wohlbefinden steigern können. Sie wurde von einem interdisziplinären Team aus Wien, Dublin, Berlin, Cambridge und Nijmegen durchgeführt.
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Die Wissenschafter*innen fanden die stärksten Belege für den Einfluss auf das eudämonische Wohlbefinden – ein Gefühl von Sinn, Zweck und persönlicher Entwicklung. „Kunst wird oft als Luxus betrachtet, aber unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Betrachten von Kunst – sei es im Rahmen der eigenen Hobbys oder durch gezielte Intervention – das Wohlbefinden erheblich fördern kann“, so MacKenzie Trupp, Hauptautorin und Forscherin an der Universität Wien und am Radboud UMC, Donders Institute. „Unsere Erkenntnisse eröffnen spannende Möglichkeiten, Kunst in alltägliche Umgebungen und in Strategien im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu integrieren. Wir müssen die Evidenzbasis jedoch noch durch gründlichere Arbeit weiterentwickeln.“
Die Teilnehmer*innen aus den untersuchten Studien nahmen an verschiedenen Aktivitäten teil, darunter individuelle Betrachtung, geführte Sitzungen und reflektierende Aufgaben wie Tagebuchführung, emotionale Bewertung oder Diskussion. Viele Interventionen kombinierten die Kunstbetrachtung mit sogenannten „Begleitaktivitäten“ wie geführter Reflexion oder kreativen Übungen. Reflexionsstrategien gehörten zu den am häufigsten eingesetzten – und könnten eine zentrale Rolle bei der Erzielung positiver Effekte spielen.
Die Wissenschafter*innen liefern nun erstmals einen Überblick zu den Mechanismen, wie Kunst das Wohlbefinden steigert – fünf an der Zahl haben sie identifiziert. Zu den affektiven Mechanismen gehören die Emotionsregulierung und das Erleben von Freude. Kognitive Mechanismen umfassen Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Lernen – Kunst kann zum Nachdenken anregen oder die Neugierde wecken. Soziale Mechanismen beschreiben, wie gemeinsame Kunsterfahrungen Verbindungen fördern und das Gefühl der Isolation verringern. Selbsttransformative Mechanismen ermöglichen persönliche Reflexion, Identitätsstärkung und ein Gefühl von Sinnhaftigkeit. Schließlich unterstützen Mechanismen zur Stärkung der Resilienz die emotionale Bewältigung und Wiederherstellung, insbesondere in klinischen oder stark belastenden Umgebungen.
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Link: https://idw-online.de/de/news850773 | https://medienportal.univie.ac.at/media/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/artikel/kunst-in-unserem-leben-steigert-das-wohlbefinden/
Originalpublikation: The Impact of Viewing Art on Well-being—A Systematic Review of the Evidence Base and Suggested Mechanisms. MacKenzie D. Trupp, Claire Howlin, Anna Fekete, Julian Kutsche, Joerg Fingerhut, Matthew Pelowski. In The Journal of Positive Psychology.
DOI: https://doi.org/10.1080/17439760.2025.2481041
https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/17439760.2025.2481041
Gold gegen Krebs
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.
Organogold(III)-Komplex akkumuliert in Mitochondrien von Lungenkrebszellen
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Gegenüber Tumorzellen zeigten sie sich toxisch, am aktivsten war ein „dppe-Komplex“ (Biphenyl-Gold(III)-Komplex mit 1,2-Diphenylphosphinoethan-(dppe)-Liganden). Dem Team gelang mit einer speziellen Ausführung der Synchroton-Kryo-Röntgennanoanalyse, Gold und andere chemische Elemente in tiefgefrorenen Lungenkrebszellen mit einer Auflösung im Nanometerbereich zu „kartieren“ und den dppe-Komplex zu lokalisieren: Er wird selektiv in den Mitochondrien, den zellulären „Kraftwerken“, akkumuliert. Vorteil der Methode: Eine Markierung, die Ergebnisse verfälschen könnte, ist nicht notwendig. So lassen sich Zellen in einem nahezu nativen Zustand auf der Nanoskala untersuchen.
Mit Röntgenabsorptionsspektroskopie-Methoden konnte das Team wichtige Informationen über die Wertigkeit, Geometrie und Oxidationszustand der Goldatome im Komplex erhalten. Diese deuten darauf hin, dass die Antitumor-Wirksamkeit der Goldkomplexe hauptsächlich auf die native kationische Spezies (die [(C^C)Au(P^P)]+-Kationen) zurückgeht. Vermutlich kommt es zu Wechselwirkungen des gesamten Komplexes mit spezifischen biologischen Molekülen, deren Funktion gestört wird. Darin unterscheiden sich diese Wirkstoffkandidaten von anderen, anders aufgebauten Goldkomplextypen, die den Zelltod hauptsächlich durch eine direkte Koordination des Goldzentrums mit Biomolekülen auslösen. Die Ergebnisse stellen somit eine Beziehung zwischen der chemischen Struktur und der Reaktivität einer Goldverbindung, ihrer Spezies in der Zelle und der Zytotoxizität her.
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Link: https://idw-online.de/de/news850181
Originalpublikation: https://doi.org/10.1002/ange.202422763
Medizinische Datenintegration im großen Stil
Universitätsklinikum Jena
Forschende der Unikliniken Jena, Aachen, Essen, Halle und Leipzig haben eine App entwickelt, die Ärztinnen und Ärzte bei der Behandlung von Blutstrominfektionen mit Staphylokokken unterstützt. Die App wurde in einer großen prospektiven multizentrischen Studie an fünf Universitätskliniken mit mehr als 5000 Patientinnen und Patienten evaluiert. Die Studie konnte die Sicherheit der App nachweisen und sie könnte gleichzeitig für Kliniken ohne eigene infektiologische Expertise eine Hilfe sein. Die Studie war zudem einer der ersten erfolgreichen Testläufe einer IT-Infrastruktur, die standortübergreifende Forschung mit klinischen Routinedaten ermöglicht.
Staphylokokken spielen eine wesentliche Rolle als Verursacher von Blutstrominfektionen. Besonders gefährlich und mit einer hohen Sterblichkeit verbunden ist das Bakterium Staphylococcus aureus, das sehr schnell und gezielt behandelt werden muss. Weil andere Staphylokokken zur Hautflora gehören, werden auch sie oft in Blutproben gefunden, ohne dass eine Infektion vorliegt. Für eine angemessene Antibiotikabehandlung ziehen Ärztinnen und Ärzte deshalb bei einem positiven Staphylokokkenbefund nach Möglichkeit eine infektiologische Expertise zu Rate. In vielen Kliniken ist diese besondere Expertise jedoch nicht vorhanden.
Um diese Versorgungslücke zu schließen, entwickelte ein Studienteam am Universitätsklinikum Jena gemeinsam mit Partnern aus der Infektiologie und der medizinischen Mikrobiologie aus den Universitätskliniken Aachen, Essen, Halle, und Leipzig das HELP-Manual: eine App in Form eines elektronischen Handbuchs, die Klinikerinnen und Klinikern eine einfache Entscheidungsunterstützung bietet. Es begleitet sie leitliniengerecht durch erste diagnostischen und therapeutischen Schritte bei Verdacht auf Staphylokokken-Infektionen.
„Wir testeten die App dann in einer prospektiven multizentrischen Studie. Das war zugleich ein Testlauf für die vernetzten Datenintegrationszentren, die im Rahmen des SMITH-Konsortiums der Medizininformatik-Initiative an den fünf Standorten etabliert wurden“, so Prof. Dr. André Scherag vom Universitätsklinikum Jena, der Leiter der Studie und 1. Sprecher von SMITH ist. Diese Zentren können Daten aus der elektronischen Patientenakte, zum Beispiel zu Laborbefunden und Therapien, in eine standardisierte Form bringen und für Forschungsprojekte nutzbar machen. Vorgaben für den Datenschutz und die Datensicherheit werden dabei streng beachtet.
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Link: https://idw-online.de/de/news850124
Originalpublikation: Palm, J., Alaid, S., Ammon, D. et al. Leveraging electronic medical records to evaluate a computerized decision support system for staphylococcus bacteremia. npj Digit. Med. 8, 180 (2025). https://doi.org/10.1038/s41746-025-01569-3
Eichenprozessionsspinner: Frühwarnsystem jetzt online
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Gemeinsame Pressemitteilung der FNR, des DWD, der FVA und der BOKU Wien
Das digitale Informationssystem dient der praktischen Anwendung sowohl im Pflanzenschutz als auch im Gesundheitsschutz für Mensch und Tier. Es besteht aus mehreren Phänologiemodellen für die verschiedenen Entwicklungsstadien des EPS und den Eichenaustrieb. Verfügbar ist eine Gefährdungskarte für ganz Deutschland in einer räumlichen Auflösung von 1×1 km-Pixel mit tagesaktuellen Phänologiedaten und Prognosen anhand der Mess- und Vorhersagedaten des DWD. Zusätzlich sind für jedes Pixel Detailinformationen abrufbar. …
Das kostenfreie Tool richtet sich an die Praxis in der Forstwirtschaft und Baumpflege, an Waldbesitzende, Behörden, Unternehmen, Freizeiteinrichtungen sowie an die allgemeine Öffentlichkeit. Die Modelle tragen zur Verbesserung des Risikomanagements im Umgang mit dem EPS bei und sind grundsätzlich auch über Deutschland hinaus für das gesamte Verbreitungsgebiet des EPS in Mitteleuropa anwendbar. …
Link: https://idw-online.de/de/news850126
Link zum Frühwarnsystem PHENTHAUproc:
https://www.dwd.de/eichenprozessionsspinner
Publikationen: Halbig, P., Stelzer, A. S., Baier, P., Pennerstorfer, J., Delb, H., & Schopf, A. (2024). PHENTHAUproc–An early warning and decision support system for hazard assessment and control of oak processionary moth (Thaumetopoea processionea). Forest Ecology and Management, 552, 121525.
https://doi.org/10.1016/j.foreco.2023.121525
Wie Studierende ihre Emotionen regulieren, wirkt sich auf Wohlbefinden, Gesundheit und Prüfungsergebnisse aus
Universität Augsburg
Im Uni-Alltag durchleben Studierende verschiedenste Emotionen. Am häufigsten berichten sie über Freude, Angst und Langeweile im Zusammenhang mit Lernen oder Prüfungen im Hochschulkontext. Wie sie damit umgehen, wirkt sich auf ihr Wohlbefinden, ihre Gesundheit und ihre Leistung aus, zeigt die Forschung von Dr. Kristina Stockinger vom Lehrstuhl für Psychologie der Universität Augsburg. Zwei besonders günstige Strategien sind demnach die kognitive Umdeutung und die kompetenzorientierte Regulation.
Link: https://idw-online.de/de/news850195
Originalpublikation: Kristina Stockinger, Markus Dresel, Herbert W. Marsh, Reinhard Pekrun (2025): Strategies for regulating achievement emotions: Conceptualization and relations with university students’ emotions, well-being, and health. In: Learning and Instruction. https://doi.org/10.1016/j.learninstruc.2025.102089
Neue Erkenntnisse über Demenzrisiko: Wirtschaftswissenschaften tragen zu medizinischer Forschung bei
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Publikation in Nature zeigt kausalen Zusammenhang zwischen Gürtelroseimpfung und Demenzrisiko – Statistische Analyse mithilfe von Regressions-Diskontinuitäts-Design
… In dem Nature-Beitrag „A natural experiment on the effect of herpes zoster vaccination on dementia“ zeigt er gemeinsam mit seinem Co-Hauptautor Dr. Min Xie, Postdoctoral Researcher am Heidelberg Institute of Global Health, dass die Impfung gegen Gürtelrose mit einer 20-prozentigen Reduktion der Demenzdiagnosen über einen Zeitraum von sieben Jahren einhergeht. Dies eröffnet eventuell neue Möglichkeiten der Prävention. …
Link: https://idw-online.de/de/news850201
Originalpublikation: Markus Eyting, Min Xie, Felix Michalik, Simon Heß, Seunghun Chung, Pascal Geldsetzer
A natural experiment on the effect of herpes zoster vaccination on dementia
Nature, 2. April 2025
DOI: 10.1038/s41586-025-08800-x
https://www.nature.com/articles/s41586-025-08800-x
Neue Funktion von ATR entdeckt
Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut e.V. (FLI)
Forschern des FLI in Jena gelingt ein wichtiger Schritt zum Verständnis von Krankheiten mit genetischer Instabilität
Jena. Forscher am Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena haben eine neue Funktion des DNA-Reparaturproteins ATR bei der Regulierung der Mitochondrien-Homöostase entdeckt. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Ätiologie von Krankheiten mit genetischer Instabilität, wie dem Seckel-Syndrom. Die Studie mit dem Titel „DNA-Schadensantwort-Regulator ATR ermöglicht PINK1-vermittelte Mitophagie“ wurde im renommierten Journal „Nucleic Acids Research“ veröffentlicht. Dr. Christian Marx aus der Forschungsgruppe Wang ist Erstautor der Studie. Professor Dr. Zhao-Qi Wang ist ein ehemaliger Forschungsgruppenleiter des FLI und forscht derzeit an der Shandong-Universität in China.
Die Ergebnisse der neuen Studie sind überraschend: Das Protein ATR, das bisher hauptsächlich für seine Rolle bei der DNA-Schadensantwort bekannt war, spielt offensichtlich auch eine entscheidende Rolle bei der Regulierung der Mitochondrien-Fitness, die eine allgemeine Funktion bei der Aufrechterhaltung der Gewebe-Homöostase und des gesunden Alterns hat. ATR stellt sicher, dass die Zelle nicht weiter wächst, wenn die DNA beschädigt ist, indem es zelluläre Checkpoints aktiviert. Mutationen in ATR führen zum so genannten Seckel-Syndrom, das durch Zwergwuchs, Mikrozephalie, geistige Behinderung und vorzeitiges Altern gekennzeichnet ist.
Die neue Funktion von ATR ist nicht nur auf den Zellkern beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die Mitochondrien, die „Kraftwerke“ der Zelle. ATR interagiert mit PINK1, einem wichtigen Regulator der Mitophagie. Dies ist ein Prozess, bei dem die Zelle beschädigte Mitochondrien erkennt und entfernt, um sich vor ihren schädlichen Auswirkungen zu schützen. Durch die Interaktion hilft ATR, die Zelle vor den negativen Effekten kranker Mitochondrien zu bewahren. Ohne ATR wird die PINK1-vermittelte Mitophagie unterdrückt.
Die Entdeckung der neuen Funktion von ATR im mitochondrialen Qualitätskontrollprogramm ist insofern wichtig, als dass sie dazu beiträgt, die Ätiologie von Krankheiten mit genetischer Instabilität, neurodegenerativen Krankheiten sowie vorzeitigem Altern zu verstehen. Die Entdeckung könnte neue Ansätze für die Behandlung dieser Krankheiten eröffnen.
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Link: https://idw-online.de/de/news850202
DNA damage response regulator ATR licenses PINK1-mediated mitophagy. Marx C, Qing X, Gong Y, Kirkpatrick J, Siniuk K, Beznoussenko GV, Kidiyoor GR, Kirtay M, Buder K, Koch P, Westermann M, Bruhn C, Brown EJ, Xu X, Foiani M, Wang ZQ. Nucleic Acids Res. 2025, 53(5), gkaf178. doi: https://doi.org/10.1093/nar/gkaf178.
Neue Studie hinterfragt Rolle von Protein bei Muskelwachstum
Universität Basel
Bislang ging man davon aus, dass das Protein Myc das Wachstum der Skelettmuskulatur fördert. Eine aktuelle Studie der Universität Basel widerlegt nun diese These. Forschende konnten zeigen, dass Myc für das Muskelwachstum nicht notwendig ist. Vielmehr verschlechtert eine hohe Menge an Myc die Struktur und Funktion der Muskelfasern rapide.
Normalerweise ist die Myc-Konzentration im Muskel niedrig und steigt bei Wachstumsreizen, wie zum Beispiel körperlicher Betätigung. Aufgrund der Tatsache, dass Myc an vielen Wachstumsprozessen beteiligt ist, nahm man bisher an, dass dieses Protein auch für das übermässige Wachstum der Skelettmuskulatur, die sogenannte Hypertrophie, verantwortlich ist.
Forschende um Prof. Dr. Markus Rüegg vom Biozentrum der Universität Basel haben diese Hypothese nun überprüft. Sie verringerten oder erhöhten die Konzentration von Myc in Muskelfasern von Mäusen. Die Ergebnisse der Studie wurden nun in «Nature Communications» veröffentlicht.
Die Studie zeigt, dass Myc in Muskelfasern weder für Muskelwachstum nach der Geburt noch für belastungsinduzierte Hypertrophie verantwortlich ist. Entgegen den Erwartungen führen hohe Myc-Spiegel zu keinem verstärkten Wachstum der Muskelfasern. Stattdessen unterdrückten hohe Myc-Werte die Herstellung von Proteinen, die für die Muskelkontraktion wichtig sind.
«Um Behandlungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Muskelfunktion zu entwickeln, ist es entscheidend zu verstehen, was Muskeln wachsen lässt», erklärt Dr. Daniel Ham, Erstautor der Studie. «Anstatt das Muskelfaserwachstum zu fördern, wirken sich hohe Myc-Werte negativ auf Wachstum und Funktion der Muskeln aus.»
Myc bleibt dennoch wichtig: Myc ist entscheidend dafür, dass sich aus Muskelstammzellen genügend Muskelzellen bilden, die später zu Muskelfasern verschmelzen. Auf diese Weise unterstützt Myc das Muskelwachstum und seine -regeneration. «Fehlt Myc in den Muskelstammzellen, verliert der Muskel seine Fähigkeit zu starkem Wachstum oder um sich nach einer Verletzung zu regenerieren», sagt Ham.
Link: https://idw-online.de/de/news850657
Originalpublikation: Daniel J. Ham, Michelangelo Semeraro, Bianca M. Berger, Timothy J. McGowan, Shuo Lin, Eleonora Maino, Filippo Oliveri, Markus A. Rüegg:
Muscle fiber Myc is dispensable for muscle growth and its forced expression severely perturbs homeostasis.
Nature Communications (2025), doi: https://doi.org/10.1038/s41467-025-58542-7
Neues Impfkonzept bekämpft gefährliche Bakterien im Darm
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)
Im Kampf gegen bakterielle Krankheitserreger setzen Forschende auf eine Kombination aus Impfung und gezielter Besiedlung des Darms mit harmlosen Mikroorganismen. Der Ansatz hat das Potenzial, die Antibiotikakrise zum Besseren zu wenden.
Mit den Bakterien in unserem Darm ist das so eine Sache. Einerseits sind die Mikroorganismen für uns lebenswichtig. Sie sind es, die im Darm unsere Nahrung verdauen. Andererseits gibt es unter den Bakterien auch viele Krankheitserreger. Manche können Durchfall verursachen, und bei anderen kommt es auf die Umstände an: Sie können lange unbemerkt im Darm leben, aber gefährlich werden, wenn das Immunsystem geschwächt oder die Darmwand geschädigt ist oder wenn sie über Wunden ins Blut gelangen. Dann kann es zu einer Blutvergiftung oder zu lebensbedrohlichen Entzündungen von Organen kommen.
Schon länger forschen Wissenschaftler:innen an Impfstoffen gegen die krankheitserregenden Mikroben im Darm, vor allem gegen solche, gegen die Antibiotika wegen Resistenzen unwirksam geworden sind. Dies ist jedoch kein einfaches Unterfangen, da das Immunsystem des Darms anders funktioniert als das des restlichen Körpers und die Wissenschaft das Darm-Immunsystem noch nicht vollständig entschlüsselt hat.
Emma Slack, Professorin an der ETH Zürich und an der Universität Oxford, forscht auf diesem Gebiet. Zusammen mit Médéric Diard, Professor am Biozentrum der Universität Basel, und einem internationalen Team von Forschenden zeigte sie nun, wie man hochwirksame Schluckimpfungen gegen Darmerreger formulieren kann: indem man nicht nur den Impfstoff verabreicht, sondern ihn mit gutartigen Bakterien kombiniert, die den krankmachenden Mikroben die Nahrung streitig machen und sie so aushungern. Dies wiesen die Forschenden in einer Studie bei Mäusen nach. Sie veröffentlichten die Arbeit in der Fachzeitschrift Science.
Mit dem kombinierten Ansatz konnten die Forschenden in den Mäusen sowohl eine Besiedlung mit Salmonellen verhindern, als auch bereits angesiedelte E. coli-Bakterien wirksam bekämpfen. In beiden Fällen zeigten die Impfung oder die gutartigen Mikroben allein deutlich weniger Wirkung.
Damit die konkurrierenden Stämme erfolgreich mit den krankmachenden Mikroben in Konkurrenz treten können, müssen sie möglichst unter denselben Bedingungen wachsen, also im gleichen Darmabschnitt leben, mit dem gleichen Säuregrad und Sauerstoffgehalt zurechtkommen und die gleichen Nährstoffe verwerten.
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Link: https://idw-online.de/de/news850102
Originalpublikation: Lentsch V, Woller A, Rocker A, Aslan S, Moresi C, Ruoho N, Larsson L, Fattinger SA, Wenner N, Cappio Barazzone E, Hardt WD, Loverdo C, Diard M, Slack E: Vaccine-enhanced competition permits rational bacterial strain replacement in the gut, Science 2025, doi: https://doi.org/10.1126/science.adp5011
CD86: Ziel neuer Therapien gegen das Hodgkin-Lymphom
Klinikum der Universität München
Das Hodgkin-Lymphom ist eine Form des Lymphdrüsenkrebses. Besonders häufig tritt es auf bei Kindern und jungen Erwachsenen. Forschende des LMU Klinikums aus der Medizinischen Klinik III und der Abteilung der Klinischen Pharmakologie des LMU Klinikums um Dr. Adrian Gottschlich und Prof. Dr. Sebastian Kobold haben nun im Labor neue Immuntherapien für Patienten mit Hodgkin-Lymphomen entwickelt. Sie könnten den Tumor sozusagen von verschiedenen Seiten aus attackieren. Die wegweisende Studie wurde in der Fachzeitschrift „Blood“ veröffentlicht.
Etwa jedes siebte Kind mit einem bösartigen Tumor hat ein Hodgkin-Lymphom. Darüber hinaus tritt die Erkrankung häufig bei jungen Erwachsenen auf. Sie gehört zu den Krebserkrankungen mit den höchsten Heilungsraten, wobei über 90 Prozent der Betroffenen langfristig dank einer aggressiven, hochdosierten Chemotherapie überleben.
Aber: Viele der geheilten Kinder und jungen Erwachsenen haben im Laufe ihres Lebens mit Spätfolgen zu kämpfen. Das können leichte Komplikationen sein, wie eine Hormonstörung oder eine erhöhte Infektanfälligkeit. Das können aber auch schwerwiegende Erkrankungen sein, wie zum Beispiel ein erneuter Krebs oder eine Herz- oder Lungenschwäche. „Der Bedarf für neue, weniger aggressive Therapien, die so gezielt wie möglich auf die Krebszellen und das umgebende Tumormilieu wirken, ist also sehr groß“, sagt Dr. Adrian Gottschlich, Erstautor der Studie. Zumal Hodgkin-Lymphome um die eigentlichen Krebszellen herum ein Milieu aufbauen, das jegliche Aktivitäten des Immunsystems gegen den Tumor besonders stark unterdrückt und Immunzellen für dessen Wachstum „umprogrammiert“.
Ein Team um die Münchner Mediziner hat nun die experimentellen Voraussetzungen für neue gezielte Therapien geschaffen. Im Fokus: ein CD86 genanntes Molekül. „Mit Hilfe künstlicher Intelligenz“, erklärt Prof. Sebastian Kobold, „konnten wir im Tumormilieu von Hodgkin-Lymphomen CD86 als zentrales Steuerelement identifizieren, das die Krebszellen vor dem Immunsystem schützt.“ Das Molekül ist sowohl auf der Oberfläche der Tumorzellen selbst zu finden als auch auf der Oberfläche bestimmter Immunzellen (Fresszellen), die in den Krebs einwandern und sein Wachstum unterstützen, statt es zu bekämpfen.
Um die fatale Wirkung von CD86 zu unterbinden, blockierten die Forschenden das Molekül ganz gezielt und konnten dadurch den Schlafzustand von T-Zellen aufheben, was die zentrale Bedeutung von CD86 in der Hemmung dieser Immunzellen unterstreicht. Parallel entwickelte das Team eine CAR-T-Zell-Therapie gegen CD86. „Diese anti-CD86-CAR-T-Zellen“, berichtet Gottschlich, „zeigten in zahlreichen Erkrankungsmodellen eine herausragende Wirksamkeit.“
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Originalpublikation: Adrian Gottschlich, Ruth Grünmeier, Gordon Victor Hoffmann, Sayantan Nandi, Vladyslav Kavaka, Philipp Jie Müller, Jakob Jobst, Arman Oner, Rainer Kaiser, Jan Gärtig, Ignazio Piseddu, Stephanie Frenz-Wiessner, Savannah D. Fairley, Heiko Schulz, Veronika Igl, Thomas Alexander Janert, Lea Di Fina, Maité Mulkers, Moritz Thomas, Daria Briukhovetska, Donjetë Simnica, Emanuele Carlini, Christina Angeliki Tsiverioti, Marcel P. Trefny, Theo Lorenzini, Florian Märkl, Pedro Mesquita, Ruben Brabenec, Thaddäus Strzalkowski, Sophia Stock, Stefanos Michaelides, Johannes Hellmuth, Martin Thelen, Sarah Reinke, Wolfram Klapper, Pascal Francois Gelebart, Leo Nicolai, Carsten Marr, Eduardo Beltrán, Remco T. A. Megens, Christoph Klein, Fanny Baran-Marszak, Andreas Rosenwald, Michael von Bergwelt-Baildon, Paul J. Bröckelmann, Stefan Endres, Sebastian Kobold; Dissection of single-cell landscapes for the development of chimeric antigen receptor T cells in Hodgkin lymphoma. Blood 2025; 145 (14): 1536–1552. doi: https://doi.org/10.1182/blood.2023022197 | https://www.lmu-klinikum.de/aktuelles/pressemitteilungen/cd86-ziel-neuer-therapien-gegen-das-hodgkin-lymphom/b4269743e85736c6 | https://idw-online.de/de/news850245
Darmmikrobiom als Vorhersagefaktor für Nierenabstoßung?
Deutsches Zentrum für Infektionsforschung
Studie untersucht das Darmmikrobiom von Empfänger:innen einer transplantierten Niere aus der DZIF-Transplantationskohorte und stellt einen Zusammenhang zwischen mikrobiellen Veränderungen des Darmmikrobioms und der Abstoßung des Transplantats und der Transplantatdysfunktion her. Die Ergebnisse bieten einen möglichen Ansatzpunkt dafür, das Risiko einer Abstoßung frühzeitig zu erkennen.
Nieren sind das meisttransplantierte Organ in Deutschland. 2023 wurden laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation insgesamt 1.514 Nieren nach postmortaler Organspende transplantiert, bei insgesamt 2.986 transplantierten Organen. Für Patient:innen mit fortgeschrittenem Nierenversagen ist eine Nierentransplantation weiterhin die beste Behandlungsoption. Entsprechend groß ist der Bedarf: 2023 standen 6.513 Patient:innen auf der Warteliste für eine Nierentransplantation. Ein schwerwiegendes Risiko für bereits transplantierte Patient:innen besteht in einer Abstoßung des Transplantats. Darunter versteht man eine Abwehrreaktion des Körpers gegen das fremde Gewebe, was im Ernstfall zu einem kompletten Verlust der Organfunktion führen kann. Warum Transplantate manchmal abgestoßen werden und manchmal nicht, hängt weitgehend von Immunmechanismen ab, deren Ursachen komplex und oftmals unzureichend verstanden sind. Um zu dieser Frage einen Beitrag zu leisten, haben Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin, des Max Delbrück Center für Molekulare Medizin, sowie des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) die Veränderungen in der Zusammensetzung und Funktion des Darmmikrobioms von Nierentransplantierten analysiert, die in die DZIF-Transplantationskohorte aufgenommen wurden. Dabei entdeckten sie eine veränderte Signatur im Darmmikrobiom, die Abstoßungsreaktionen des Transplantats vorausgingen. Diese Studie, veröffentlicht im American Journal of Transplantation, bietet einen möglichen Ansatzpunkt dafür, das Risiko einer Abstoßung frühzeitig zu erkennen.
Unser Darm beherbergt unzählige Mikroorganismen, die eine wichtige Rolle dabei spielen, wie unser Immunsystem funktioniert. Das ist das sogenannte Mikrobiom. Ein Großteil davon, nämlich über 90 %, sind Bakterien. Diese Bakterien und die Substanzen, die sie herstellen, kommunizieren mit unserem Körper – insbesondere mit den Zellen, die uns vor Krankheiten schützen. Sie helfen also dabei, unser Immunsystem zu steuern und zu stärken, was sowohl für gesunde als auch für kranke Menschen wichtig ist. Bei Patient:innen mit chronischer Nierenerkrankung ist die Zusammensetzung des Darmmikrobioms stark verändert, was zu einer niedrigeren Konzentration an entzündungshemmenden kurzkettigen Fettsäuren (SCFA) und erhöhten Konzentrationen an entzündungsfördernden Metaboliten aus dem Mikrobiom führt.
Die Forschenden um die Erstautoren Johannes Holle und Rosa Reitmeir aus der Arbeitsgruppe von Nicola Wilck vom Experimental and Clinical Research Center, einer gemeinsamen Institution der Charité und des Max Delbrück Center in Berlin, haben in ihrer Studie die Veränderungen in der Zusammensetzung und der Funktion des Darmmikrobioms von Patient:innen nach Nierentransplantation analysiert und Veränderungen im Darmmikrobiom festgestellt, die bereits vor der Abstoßungsreaktion des Transplantats nachweisbar waren. Alle in dieser Studie analysierten Patient:innen waren Teil der prospektiven Kohortenstudie des DZIF, die an fünf deutschen Transplantationszentren in Universitätskliniken in Heidelberg, Hannover, Tübingen und in München an der Technischen Universität und der Ludwig-Maximilians-Universität durchgeführt wurde. Diese Zentren decken zusammen über 20 % der Organtransplantationen in Deutschland ab und liefern ein repräsentatives Bild des Verlaufs nach der Nierentransplantation.
Die Analyse der insgesamt 562 Stuhlproben, gruppiert nach gesunden Nierenspender:innen, Patient:innen vor der Nierentransplantation, 0-3 Monate nach der Nierentransplantation, 3-12 Monate, 12-24 Monate und über 24 Monate nach Nierentransplantation, zeigt eine dynamische Regeneration des Mikrobioms im Laufe der Zeit nach der Nierentransplantation, wobei sich das Mikrobiom wieder dem natürlichen und gesunden Zustand annähert.
„Da wir diese dynamische Veränderung beobachtet haben, wollten wir verstehen, ob und wie Transplantatabstoßungen diesen Prozess beeinflussen“, erklärt Johannes Holle. „Und auch umgekehrt, wie sich Mikrobiomveränderungen auf die Immunität und Abstoßung von Transplantaten auswirken können“, ergänzt Rosa Reitmeir. Die Forschenden stellten fest, dass Patient:innen, bei denen es zu einer Transplantatabstoßung gekommen ist, bereits vor der klinisch auffälligen und bioptisch nachgewiesen Abstoßungsreaktion eine veränderte Zusammensetzung des Darmmikrobioms aufwiesen.
So war auffällig, dass bei Patient:innen, die eine Abstoßungsreaktion zeigten, Bakterien wieder zunahmen, die typischerweise bei Patient:innen mit fortgeschrittenem Nierenversagen vorkommen, wie Fusobacterium und krankheitsassoziierten Gattungen wie Streptococcus. Bei der anderen untersuchten Gruppe, der „Nicht-Abstoßungs-Gruppe“, war das nicht der Fall. Insgesamt zeigten die Analysen, dass sich das Produktionspotenzial kurzkettiger Fettsäuren im Stuhl vor der Abstoßung der Niere reduziert. Darauf weist die verminderte Häufigkeit von bakteriellen Enzymen, aus denen kurzkettige Fettsäuren hervorgehen, vor der Abstoßung hin.
Die zuvor festgestellte dynamische Regeneration des Mikrobioms nach einer Nierentransplantation ist im Falle einer Transplantatabstoßung womöglich erheblich gestört: Vor der Abstoßung treten tiefgreifende Veränderungen in der Zusammensetzung des Mikrobioms auf, die durch eine verminderte Diversität und eine geringe Anzahl von SCFA-produzierenden Bakterienpopulationen gekennzeichnet sind. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Mikrobiom eine wichtige Rolle dabei spielt, wie das Immunsystem nach einer Nierentransplantation reagiert. Diese Beobachtung kann dabei helfen, die Gefahr einer Transplantatabstoßung frühzeitig zu erkennen oder vielleicht therapeutisch zu beeinflussen“, fassen Johannes Holle und Rosa Reitmeir zusammen.
Link: https://idw-online.de/de/news850267
Originalpublikation: Holle J, Reitmeir R, Behrens F, Singh D, Schindler D, Potapenko O, McParland V, Anandakumar H, Kanzelmeyer N, Sommerer C, Hartleif S, Andrassy J, Heemann U, Neuenhahn M, Forslund-Startceva SK, Gerhard M, Oh J, Wilck N, Löber U, Bartolomaeus H. Gut microbiome alterations precede graft rejection in kidney transplantation patients. Am J Transplant. 2025 Feb 18:S1600-6135(25)00093-0. doi: 10.1016/j.ajt.2025.02.010. Epub ahead of print. PMID: 39978595. https://doi.org/10.1016/j.ajt.2025.02.010
Wie Zellen ihre Kraftwerke reparieren
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Medizin: Veröffentlichung in Science Advances Geschädigte Mitochondrien, die „Kraftwerke“ der Zellen, tragen zu vielen Erkrankungen bei. Forschende der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) und der Universität zu Köln um HHU-Medizinprofessor Dr. David Pla-Martín beschreiben nun in der Fachzeitschrift Science Advances, wie Zellen mit schadhaften Mitochondrien ein spezielles Recyclingsystem aktivieren, um beschädigtes genetisches Material zu beseitigen.
Ist das genetische Material von Mitochondrien – die mitochondriale DNA oder kurz mtDNA – geschädigt, können dadurch Krankheiten wie Parkinson, Alzheimer, amyotrophe Lateralsklerose (ALS), Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes entstehen. Überdies beschleunigt eine solche Schädigung den Alterungsprozess. Doch die Zellen sind normalerweise in der Lage, solche Schäden zu erkennen und darauf zu reagieren.
Dieser Mechanismus stützt sich, so die Autorinnen und Autoren in Science Advances, auf einen Proteinkomplex namens Retromer und die Lysosomen – Zellorganelle, die Verdauungsenzyme enthalten. Diese speziellen zellulären Kompartimente wirken wie Recyclingzentren, die das beschädigte genetische Material beseitigen. Dieser Prozess ist einer der Mechanismen, die verhindern, dass sich fehlerhafte mtDNA anhäuft. Er erhält somit die zelluläre Gesundheit und beugt möglicherweise Krankheiten vor.
„Wir haben einen bisher unbekannten zellulären Weg identifiziert, der für die Gesundheit der Mitochondrien und damit für die natürlichen Abwehrkräfte unserer Zellen wichtig ist“, erklärt Prof. Pla-Martín und fährt fort: „Indem wir diesen Mechanismus verstehen, können wir uns erklären, wie mitochondriale Schäden Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer auslösen. Dies wiederum kann die Grundlage sein, um präventive Therapien zu entwickeln.“
In Zusammenarbeit mit der Zellbiologin Dr. Parisa Kakanj von der Universität zu Köln, die auch Mitglied des Exzellenzclusters CEPLAS ist, konnte Pla-Martín anhand des Modellorganismus der Fruchtfliege (Drosophila) die Erkenntnisse überprüfen und erweitern. Dr. Kakanj zeigte, dass geschädigte mitochondriale DNA deutlich beschleunigt beseitigt werden und sich die mitochondriale Funktion erheblich verbessert, wenn die Aktivität des Retromer-Komplexes – insbesondere des Proteins VPS35 – gesteigert wird.
Kakanj: „Mithilfe von Drosophila konnten wir unsere ersten Ergebnisse an menschlichen Zellen bestätigen und deutliche Verbesserungen der mitochondrialen Gesundheit nachweisen. Hiermit eröffnen sich spannende Möglichkeiten für therapeutische Strategien, um mitochondriale Krankheiten und altersbedingte Leiden zu behandeln.“
Link: https://idw-online.de/de/news850269
Originalpublikation: Parisa Kakanj, Mari Bonse, Arya Kshirsagar, Aylin Gökmen, Felix Gaedke, Ayesha Sen, Belén Mollá, Elisabeth Vogelsang, Astrid Schauss, Andreas Wodarz, David Pla-Martín. Retromer promotes the lysosomal turnover of mtDNA. Science Advances (2025). DOI: https://doi.org/10.1126/sciadv.adr6415
Patientenschutz im Klimawandel: Lungenärzte zeigen, wie Erkrankungen abgemildert und Gesundheitssysteme gestärkt werden
Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP)
Steigende Temperaturen, mehr Allergene und Schadstoffe in der Luft und häufigere Extremwetter: Die Auswirkungen des Klimawandels betreffen Patientinnen und Patienten mit Lungenerkrankungen in besonderem Maße – und damit die Pneumologie. Die Taskforce Klimawandel und Gesundheit der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) hat heute ein neues Positionspapier veröffentlicht, das die Komplexität des Themas umfassend beleuchtet und gleichzeitig konkrete Empfehlungen gibt, wie die Widerstandskraft von Patientinnen und Patienten sowie von ganzen Gesundheitssystemen gestärkt werden kann.
Hier geht es zum Positionspapier „Pneumologie im Klimawandel“: https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/html/10.1055/a-2512-2993
Link: https://idw-online.de/de/news850430
Multiple Sklerose: Neuer Wirkansatz weckt Hoffnung bei Behandlung
Universitätsklinikum Freiburg
Zwei große klinische Studien zu schubförmiger und chronisch fortschreitender MS im New England Journal of Medicine veröffentlicht / Hoffnung auf Wirkung unabhängig von akuten Entzündungen
Der Wirkstoff Tolebrutinib weckt große Hoffnungen für die Therapie der Multiplen Sklerose (MS): Am 8. April 2025 wurden im New England Journal of Medicine die Ergebnisse zweier groß angelegter, internationaler Phase-III-Studien veröffentlicht. Eine Publikation unter Letztautorschaft des Universitätsklinikums Freiburg befasst sich mit den Effekten bei schubförmiger MS (Gemini 1 und 2). Eine weitere Studie (HERCULES) befasst sich mit MS, die nach anfänglichen Schüben eine langsame Verschlechterung mit sich bringt, was als nicht-relapsierende sekundär progrediente MS bezeichnet wird. Beide Studien finden positive Effekte bzw. Tendenzen für den Verlauf der MS. Damit rückt ein Medikament in greifbare Nähe, das nicht nur Schübe reduziert, sondern möglicherweise auch das Fortschreiten der Behinderung verlangsamt – und das unabhängig von sichtbarer Entzündung.
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„Eine der wichtigsten Erkenntnisse dieser Studien ist, dass Tolebrutinib die Krankheit bremsen kann, selbst wenn keine akuten Entzündungen sichtbar sind“, betont Wiendl. Denn bisherige Medikamente bremsen zwar zum Teil akute Entzündungen, nicht aber langsame Verschlechterungen ohne messbare Entzündungszeichen.
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Tolebrutinib ist Teil eines Studienprogramms der Firma Sanofi, das sich sowohl auf schubförmige als auch progrediente Formen der MS erstreckt. Die Studien wurden durch Sanofi unterstützt. Basierend auf den nun veröffentlichten Daten hat das Unternehmen bereits die Zulassung bei der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA beantragt.
Link: https://idw-online.de/de/news850456
Originalpublikation: Originaltitel der Studie (Gemini1+2): Tolebrutinib versus Teriflunomide in Relapsing Multiple Sclerosis
DOI: https://doi.org/10.1056/NEJMoa2415985 | Link zur Studie: www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2415985
Humanoide Roboter können die Gesundheit von Pflegebedürftigen verbessern
Fachhochschule Kiel
Im Pilotprojekt „ROBUST“ konnten Forschende nachweisen, dass humanoide Roboter die mentale und physische Gesundheit von Pflegeheimbewohner*innen fördern. Fachhochschule Kiel und Pflegekräfte haben erfolgreich verschiedene Szenarien entwickelt, um Roboter in den Pflegealltag zu integrieren: Die Senior*innen tanzten begeistert mit dem Roboter, beantworteten Quizfragen und nutzen die Jukebox, um Schlager aus ihrer Jugend zu hören. All das steigerte ihr Wohlbefinden und reduzierte Einsamkeit. Eine quantitative Untersuchung bestätigte die positiven Effekte. Das Projekt führte zur Weiterentwicklung der Robotik-Apps und einer Handreichung für interessierte Einrichtungen.
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In der Langzeituntersuchung über drei Jahre erfasste das Projektteam mehrmals Praxiserfahrungen in Interviews und Gruppendiskussionen sowie mit Beobachtungsprotokollen. Ein Ergebnis: Die meistgenutzte App war diejenige mit Bewegungsübungen, gefolgt von der Jukebox mit über 100 Schlagern sowie klassischer Musik und der Quiz-App. „Mit den Erfahrungswerten aus der Pflegeeinrichtung konnten wir die Robotik-Apps kontinuierlich weiterentwickeln und das Angebotsspektrum des Roboters verbessern“, erklärt Prof. Lüssem. „Besonders herausfordernd war die Integration der unterschiedlichen Sicht- und Arbeitsweisen sowie die konkrete Formulierung der Anforderungen und deren Umsetzung an die Roboter unter Beachtung ethischer Richtlinien und datenschutzrechtlicher Rahmenbedingungen.“
Link: https://idw-online.de/de/news850471
Osteoarthritis: Größte genomweite Assoziationsstudie identifiziert neue Ziele für Medikamente und Therapieansätze
Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)
Osteoarthritis, oder auch Arthrose genannt, ist weltweit die häufigste Ursache für Behinderungen und chronische Schmerzen und betrifft schätzungsweise 595 Millionen Menschen. Prognosen zufolge wird diese Zahl bis zum Jahr 2050 auf eine Milliarde ansteigen. Trotz der erheblichen Auswirkungen existieren derzeit keine krankheitsmodifizierenden Behandlungen. Eine internationale Forschungsgruppe unter der Leitung von Helmholtz Munich hat nun die Genetik von Osteoarthritis bei knapp zwei Millionen Menschen untersucht und dabei neue Erkenntnisse gewonnen. Die Studie identifiziert Hunderte neuer Zielstrukturen für Medikamente und zeigt Möglichkeiten zur Umfunktionierung bestehender Therapien auf.
Die Forschungsgruppe führte die bislang größte genomweite Assoziationsstudie (GWAS) zur Osteoarthritis durch und identifizierte über 900 genetische Assoziationen, darunter mehr als 500 bislang unbekannte. Diese neuen Erkenntnisse erweitern das Verständnis der genetischen Grundlage der Krankheit. Durch die Verknüpfung diverser biomedizinischer Datensätze konnten die Forschenden 700 Gene bestimmen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit an Osteoarthritis beteiligt sind. Bemerkenswert ist, dass zehn Prozent dieser Gene für Proteine kodieren, auf die bereits zugelassene Medikamente ausgerichtet sind. Dies eröffnet Möglichkeiten zur Umfunktionierung bestehender Medikamente und könnte die Entwicklung neuer Therapien beschleunigen.
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Link: https://idw-online.de/de/news850312
Originalpublikation: Hatzikotoulas, Southam, Stefansdottir, Boer, McDonald et al., 2025: Translational genomics of osteoarthritis in 1,962,069 individuals. Nature. DOI: 10.1038/s41586-025-08771-z https://www.nature.com/articles/s41586-025-08771-z
Wie menschliche Zellen Erbgutschäden flicken
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)
Forschende der ETH Zürich haben das komplexe Netzwerk aufgeschlüsselt, auf das Zellen bauen, um ihr Erbgut zu reparieren. Das Team hat Abertausende von genetischen Wechselwirkungen durchleuchtet. Und in Krebszellen neue Schwachstellen gefunden, die sich künftig vielleicht therapeutisch ausnutzen lassen.
Das Erbgut menschlicher Zellen, die DNA, umfasst eine Abfolge von rund 3,1 Milliarden Bausteinen. Um die Integrität dieses riesigen Informationsträgers zu wahren, betreiben Zellen einen enormen Aufwand. Dauernd müssen sie etwa Knoten im DNA-Strang entwirren. Oder neue chemische Verbindungen knüpfen, wenn irgendwo im Zellkern ein DNA-Faden reisst. «Wenn es um Reparaturen am Erbgut geht, denken viele zuerst an eine Reaktion auf Belastungen durch Gifte oder Strahlung», sagt Jacob Corn, Professor für Genombiologie an der ETH Zürich. Doch Reparaturmechanismen schützen nicht nur vor äusseren Gefahren. Sie spielen auch für das alltägliche Überleben der Zellen eine wichtige Rolle.
Aus früheren Arbeiten war der Wissenschaft bekannt, dass mehr als 500 Gene (der rund 20‘000 menschlichen proteinkodierenden Gene) für die DNA-Reparatur zentral sind. Nun haben Corn und sein Team mit einer umfassenden Analyse der Wechselwirkungen dieser Gene neue grundlegende Einblicke gewonnen, wie Zellen ihr Genom intakt erhalten. Die Forschenden haben eine Unmenge neuer gegenseitiger Abhängigkeiten entdeckt. Und dabei auch potenzielle neue Angriffspunkte für die Krebstherapie identifiziert, wie sie in ihrem Beitrag festhalten, der soeben in der Fachzeitschrift Nature erschienen ist.
Für ihre Untersuchungen haben die Forschenden menschliche Zellen in Zellkulturen gentechnisch verändert, um jeweils zwei der Reparaturgene gleichzeitig auszuschalten. «Wir sind systematisch vorgegangen und haben uns alle möglichen Kombinationen angesehen», sagt Corn. Das ist schneller gesagt als getan, denn insgesamt haben die Forschenden fast 150‘000 verschiedene Kombinationen von inaktivierten Genpaaren untersucht. «Es gab viel zu tun», sagen John Fielden und Sebastian Siegner, die beiden Erstautoren dieser Studie.
Die Idee hinter dieser Bestrebung ist, dass es meist nicht genügt, ein einzelnes Gen zu inaktivieren, um einen Effekt festzustellen. Denn oft übernimmt ein anderes Gen die fehlende Funktion – und kann so den Ausfall kompensieren. «Menschliche Zellen lieben Redundanz», sagt Corn. Erst wenn man auch das Backup lahmlegt, verlieren die Zellen die Fähigkeit, das Erbgut zu flicken. Dadurch reichern sich mit der Zeit immer mehr Schäden an, so dass die Zellen irgendwann nicht mehr lebensfähig sind.
Das war in rund 5000 inaktivierten Genpaaren der Fall. In ihrem Beitrag beschreiben die Forschenden für zwei solcher Gen-Paare detailliert, welche molekularen Interaktionen ausfallen. So decken die Forschenden in ihren Untersuchungen Verbindungen auf, die bis anhin völlig unbekannt waren, offenbar aber für das Gedeihen der Zellen absolut notwendig sind.
Neben solchen grundlegenden Erkenntnissen liefern die Arbeiten der Forschenden auch neue Anhaltspunkte für die Krebstherapie. Denn Krebszellen weisen im Vergleich zu normalen Zellen mehr Mutationen auf. In manchen Krebszellen sind aus diesem Grund schon einige der über 500 Reparatur-Gene ausgeschaltet . «Mit unserer Suche haben wir aufgezeigt, welche zusätzlichen Gene inaktiviert werden müssen, um das Wachstum der Krebszellen zu unterbinden», sagt Fielden.
Im Beitrag listet das Team eine ganze Reihe von bisher unerforschten Verknüpfungen zwischen häufigen Krebsmutationen und molekularen Angriffspunkten auf, die mit Medikamenten blockiert werden können. Diese neu entdeckten potenziellen Schwachstellen von Krebszellen gilt es nun zu testen. «Wir haben aufgezeigt, welche Wege durch den dunklen Wald führen», sagt Corn. «Jetzt ist es ein Leichtes, diese Wege abzuschreiten.» Er und sein Team haben auch eine neue Web-Plattform (http://spidrweb.org) geschaffen, auf der ihre Resultate öffentlich zugänglich sind. «Wir hoffen, dass andere Forschende davon profitieren und die Plattform rege nutzen», sagt Corn. Das würde dazu beitragen, dass das neue Wissen um die genetischen Wechselwirkungen möglichst bald schon Früchte trägt.
Link: https://idw-online.de/de/news850411 | https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2025/04/wie-menschliche-zellen-erbgutschaeden-flicken.html
Originalpublikation: Fielden J, Siegner SM, Gallagher D, Schröder MS, Dello Stritto MR, Lam S, Kobel L, Schlapansky MF, Jackson SP, Cejka P, Jost M, and Corn JE. Comprehensive Interrogation of Synthetic Lethality in the DNA Damage Response. Nature (2025). doi: externe Seite https://doi.org/10.1038/s41586-025-08815-4
Intelligente Transportsysteme für die Gentherapie
Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)
Ein Forschungsteam von Helmholtz Munich und der Technischen Universität München hat ein fortschrittliches Transportsystem für molekulare Werkzeuge zur Gen-Editierung wie die des CRISPR/Cas9-Systems entwickelt. Dieses ermöglicht nun eine erheblich höhere Effizienz bei der Einschleusung in lebende Zellen.
ENVLPE basiert auf modifizierten, nicht-infektiösen Hüllen viralen Ursprungs. Diese dienen als Trägersysteme für molekulare Gen-Editoren wie Basen- oder Prime-Editoren – also spezialisierten CRISPR-Werkzeugen, die einzelne DNA-Basen im Genom chemisch verändern oder gezielt neue Sequenzen einfügen können. ENVLPE überwindet ein zentrales logistisches Problem bisheriger Verfahren: Während der Produktion der Partikel sorgt ein gezielt umgeleiteter zellulärer Transportmechanismus dafür, dass alle benötigten Komponenten zur richtigen Zeit am richtigen Ort zusammenkommen.
Bisherige Systeme enthielten häufig nur teilweise zusammengesetzte, nicht funktionsfähige Gen-Editoren, was deren Wirksamkeit stark einschränkte. „ENVLPE stellt nun nicht nur sicher, dass vollständig zusammengesetzte Editoren verpackt werden“, erläutert Truong, „sondern enthält zusätzlich eine molekulare Schutzkappe, die den empfindlichsten Teil des Editors während des Transports vor dem Abbau schützt. So gelangen die Werkzeuge sicher in die Zielzellen – und können dort die gewünschte DNA-Korrektur vornehmen.“
Link: https://idw-online.de/de/news850503
Nachweis von neuralen Stammzellen außerhalb des Gehirns: Ein Durchbruch für die regenerative Medizin
Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin
Jahrzehntelang ging die Wissenschaft davon aus, dass neurale Stammzellen (NSCs) nur im Gehirn und im Rückenmark vorkommen. Eine bahnbrechende internationale Studie, geleitet von Hans Schöler vom Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster, widerlegt nun diese Annahme und entdeckt einen neuen Typ neuraler Stammzellen außerhalb des Zentralen Nervensystems (ZNS) , der enorme Möglichkeiten für die Entwicklung von Therapien neurologischer Krankheiten eröffnet.
Im Jahr 2014 erschien in Nature ein Artikel mit dem Titel “Stimulus-triggered fate conversion of somatic cells into pluripotency”. Diese Veröffentlichung sorgte zunächst für großes Aufsehen, da sie einen einfachen Weg zur Gewinnung pluripotenter Stammzellen eröffnete. Die Induktion pluripotenter Stammzellen ganz ohne virale Vektoren, wie es Shinya Yamanaka gelang und wofür er den Nobelpreis erhalten hatte, wäre einfach zu schön gewesen. Obwohl das Labor von Hans Schöler am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin, wie viele andere auch, versuchte, das Experiment zu wiederholen, das den ‘stimulus-triggered acquisition of pluripotency’ (STAP) auf der Grundlage einer Behandlung somatischer Zellen mit niedrigem pH-Wert beschrieb, schlug die Gewinnung pluripotenter Zellen fehl – unabhängig von den verwendeten Kulturbedingungen und Geweben. Schließlich wurde die entsprechende Arbeit einige Monate nach ihrer Veröffentlichung zurückgezogen (https://www.nature.com/news/stap-retracted-1.15488 ).
Zur Überraschung von Dong Han und Hans Schöler gelang es ihnen jedoch, mit der STAP-Methode eine seltene Zellpopulation aus der Peripherie des Zentralnervensystems zu gewinnen, die Eigenschaften von neuralen Stammzellen (NSCs) aufweist. Diese NSCs, die als periphere neurale Stammzellen (pNSCs) bezeichnet werden, wurden in mehreren Geweben der Maus, einschließlich Lunge und Schwanz, gefunden. Nachdem die NSC-Population identifiziert worden war, wurde klar, dass eine Behandlung mit niedrigem pH-Wert nicht notwendig war, um sie zu kultivieren.
Ein Forscherteam aus mehr als zehn Labors in Europa, Asien und Nordamerika untersuchte diese neu identifizierten pNSCs dann sehr detailliert: pNSCs teilen wichtige molekulare und funktionelle Merkmale mit den NSCs des Gehirns. pNSCs weisen die gleiche Zellmorphologie, Selbsterneuerungs- und Differenzierungskapazität wie NSCs des Gehirns auf. Sie exprimieren mehrere NSC-spezifische Marker und weisen genomweite transkriptionelle und epigenetische Profile auf, die mit denen von NSCs im Gehirn übereinstimmen. Darüber hinaus können sich viele pNSCs, die aus dem Neuralrohr auswandern, während der embryonalen und postnatalen Entwicklung in reife Neuronen und in begrenztem Umfang zu Gliazellen differenzieren.
Die Entdeckung der pNSCs eröffnet nicht nur neue Einblicke in die Entwicklung des Nervensystems von Säugetieren. Ihre Existenz stellt auch eine langjährige Hypothese der Neurowissenschaften in Frage und eröffnet, da sie in der Petrischale in beträchtlichen Mengen vermehrt werden können, neue Möglichkeiten für die regenerative Medizin. Außerdem ist die Gewinnung von NSCs aus dem Gehirn keine bevorzugte Methode. Dagegen scheint die Gewinnung von NSCs aus anderen Organen oder Geweben ein gangbarer und praktikabler Ansatz zu sein.
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Die Entdeckung von pNSCs außerhalb des ZNS deutet auf eine bisher nicht erkannte Ebene der zellulären Plastizität innerhalb des Nervensystems hin. Im Gegensatz zu den aus der Neuralleiste stammenden Stammzellen, die nur eine begrenzte Selbsterneuerungskapazität haben, ähneln pNSCs den aus dem Gehirn stammenden NSCs sehr und zeigen die Fähigkeit, die Neurogenese über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten.
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Die Fähigkeit, pNSCs nutzbar zu machen, könnte weitreichende Auswirkungen auf die Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen und auf Strategien zur Reparatur von Nervenzellen haben. Wenn pNSCs beim Menschen vorkommen, könnten sie eine leicht zugängliche Quelle für neurale Stammzellen darstellen, die in Zukunft für die Behandlung von Krankheiten wie Parkinson, Rückenmarksverletzungen und anderen neurodegenerativen Störungen eingesetzt werden könnten. Künftige Studien werden darauf abzielen, die Existenz von pNSCs beim Menschen festzustellen und ihr volles therapeutisches Potenzial erforschen.
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Link: https://idw-online.de/de/news850338
Originalpublikation: Multipotent neural stem cells originating from neuroepithelium exist outside of the mouse central nervous system. Dong Han, Wan Xu, Hyun-Woo Jeong, Hongryeol Park, Kathrin Weyer, Yaroslav Tsytsyura, Martin Stehling, Guangming Wu, Guocheng Lan, Kee-Pyo Kim, Henrik Renner, Dong Wook Han, Yicong Chen, Daniela Gerovska, Marcos J. Araúzo-Bravo, Jürgen Klingauf, Jens Christian Schwamborn, Ralf H. Adams, Pentao Liu, Hans R. Schöler
Nature Cell Biology, published online April 10, 2025 https://www.nature.com/articles/s41556-025-01641-w
Eindämmung von Wurminfektionen als wirksamer Ansatz zur Prävention von HIV/AIDS
Klinikum der Universität München
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Münchner Tropeninstituts, des DZIF, des tansanischen NIMR-MMRC haben zusammen mit Bonner Kollegen einen bislang wenig beachteten Risikofaktor für HIV entdeckt. In einer früheren Kohortenstudie in Tansania hatten sie erstmals nachgewiesen, dass eine Infektion mit dem Wurm Wuchereria bancrofti das Risiko erhöht, sich mit dem HI-Virus zu infizieren. Eine aktuelle Untersuchung im Rahmen eines nationalen Programms in Tansania zur Eliminierung von W. bancrofti zeigt nun, dass die Eindämmung dieser Wurminfektion zu einem Rückgang der HIV-Neuinfektionen führt. Die Ergebnisse der DFG-RHINO Studie wurden im Fachmagazin The Lancet HIV veröffentlicht.
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„Helminthen-Infektionen können das Risiko einer HIV-Infektion nachweislich erhöhen. Wir untersuchen weiter, welche immunologischen Prozesse diese erhöhte Anfälligkeit für eine HIV-Übertragung durch W. bancrofti erklären könnten“, sagt Prof. Dr. med. Michael Hoelscher, Direktor des Münchner Tropeninstituts.
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Link: https://idw-online.de/de/news850567
Originalpublikation: Inge Kroidl et al.: Impact of quasi-elimination of Wuchereria bancrofti on HIV incidence in southwest Tanzania: a 12-year prospective cohort study. The Lancet HIV 2025, https://doi.org/10.1016/S2352-3018(25)00001-3
Warum Darmkrebs ins Gehirn streut: genetische Mechanismen entschlüsselt
Universität Augsburg
Eine aktuelle Studie untersucht die chromosomalen Mechanismen, die die Metastasenbildung von Darmkrebs im Gehirn begünstigen
Zusammen mit einem interdisziplinären Forscherteam, bestehend aus Forschenden aus Augsburg sowie aus Hannover und Göttingen, wurden nun über 3800 Fälle von kolorektalen Karzinomen analysiert, um die Rolle chromosomaler Veränderungen bei der Metastasenbildung zu entschlüsseln. Die Ergebnisse der Studie wurden aktuell in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht. Die Studie zeigt, dass Hirnmetastasen im Vergleich zu den häufigeren Leber- und Lungenmetastasen eine besonders hohe Last an chromosomalen Imbalancen aufweisen. „Wir haben spezifische Veränderungen im KRAS-Gen identifiziert, die mit einem aggressiveren Tumorverhalten assoziiert sind“, erklärt Prof. Monika Golas, Leitautorin der Studie. Besonders bemerkenswert ist die Kombination aus KRAS-Mutationen und einer Vervielfältigung des KRAS-Gens bei Hirnmetastasen.
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Die Studie kombiniert moderne Technologien wie Next Generation Sequencing mit molekularer Zytogenetik von Metastasen, die zuvor nicht mittels einer zielgerichteten Therapie behandelt wurden. Diese Herangehensweise ermöglicht es den Forschenden, genetische Veränderungen zu identifizieren, die unabhängig von zielgerichteten therapeutischen Interventionen entstanden sind. Ein besonderes Augenmerk gilt der Amplifikation von Chromosom 12p, das das KRAS-Gen trägt. „Bereits ohne den Einsatz zielgerichteter Therapien weisen Hirnmetastasen häufig eine Amplifikation dieses Chromosomenarms auf“, so Prof. Monika Golas weiter.
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Link: https://idw-online.de/de/news850641
Originalpublikation: https://www.nature.com/articles/s41467-025-58413-1
Neue Phase der Immunantwort entdeckt
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Ein Team der Max-Planck-Forschungsgruppe für Systemimmunologie an der Uni Würzburg hat eine bislang unbekannte Phase der Immunantwort entdeckt. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Science“ veröffentlicht – mit ihnen ändert sich die jahrzehntelange Annahme über den Ablauf des sogenannten T-Zell Primings. Die neuen Informationen haben direkte Auswirkungen auf Impfungen und zelluläre Immuntherapien.
Die Forschungsgruppen um Wolfgang Kastenmüller und Georg Gasteiger beobachteten mit innovativen Mikroskopietechniken, wie spezielle Immunzellen, sogenannte T-Zellen, bei einer viralen Erkrankung aktiviert und vervielfältigt werden, und stieß dabei auf bislang unbekannte Vorgänge: Das Immunsystem vermehrt seine Abwehrzellen viel gezielter als gedacht.
T-Zellen sind wichtige Abwehrzellen des Immunsystems. Um gezielt infizierte Zellen zerstören zu können, müssen sie sich vermehren und spezialisieren. Dieser Prozess nennt sich T-Zell-Priming und beginnt, wenn T-Zellen in den Lymphknoten auf sogenannte dendritische Zellen (DCs) treffen. Diese Zellen präsentieren ihnen Antigene, also Bruchstücke von Erregern, und aktivieren die T-Zellen durch verschiedene Signale.
Die Aktivierung dauert etwa 24 Stunden. In dieser Zeit bleiben die T-Zellen mit den DCs in Kontakt und erhalten Instruktionen, um sich zu spezialisieren. Danach lösen sie sich, wandern weiter und vervielfältigen sich schnell. Einige entwickeln sich zu Effektorzellen, die sofort gegen Erreger kämpfen, andere werden zu Gedächtniszellen, die bei einer erneuten Infektion schnell reagieren können.
Das Immunsystem steht dabei vor der Herausforderung, aus einer ungeheuer großen Anzahl von individuell unterschiedlichen T-Zellen rasch diejenigen zu identifizieren, die einen bestimmten Erreger spezifisch erkennen können. Diese werden dann im sogenannten „Priming“ als Klone vermehrt.
Katarzyna Jobin und Deeksha Seetharama sind die Erstautorinnen der Studie. „Wir haben herausgefunden, dass es nicht nur eine Phase bei der Aktivierung von T-Zellen gibt, sondern zwei“, beschreibt Deeksha Seetharama. „Während die erste Phase des Primings dazu dient, möglichst viele spezifische T-Zellen zu aktivieren, dient die neu entdeckte zweite Phase dazu diejenigen zu selektionieren und gezielt weiter zu vermehren, die das Pathogen am besten erkennen können. So wird sichergestellt, dass die Immunantwort möglichst effizient ist“, fasst Katarzyna Jobin zusammen.
„Vorher dachte man, es gibt nur eine Phase und die initial aktivierten Zellen schalten dann auf Autopilot“, ergänzt Wolfgang Kastenmüller, „aber wie die Besten ausgewählt werden war bisher nicht bekannt.“
Die verschiedenen Phasen der Immunantwort basieren auf einer zyklischen Aktivierung der T-Zellen. Nach der ersten Interaktion werden die T-Zellen zunächst desensitiviert und es dauert zwei bis drei Tage, bis sie erneut bereit sind, weitere Signale mit Hilfe ihres T-Zell Rezeptors wahrzunehmen. Dann beginnt die zweite Phase, in der sie erneut instruiert werden.
In chronischen Infektionen sowie bei Krebserkrankungen kommt es immer wieder zu Phasen der Aktivierung und Desensitivierung – daher haben die Ergebnisse Auswirkungen auf Immuntherapien gegen Krebs. So beispielsweise auf Immuntherapien, die bei bestimmten Leukämien und Lymphomen eingesetzt werden. Hier werden körpereigene T-Zellen der Betroffenen genutzt: Sie werden im Labor genetisch verändert und dann als Infusion wieder in den Körper gebracht. Die modifizierten Zellen, sogenannte CAR T-Zellen, erkennen und bekämpfen anschließend die Krebszellen.
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Link: https://idw-online.de/de/news850595
Originalpublikation: A distinct priming phase regulates CD8 T cell immunity by orchestrating paracrine IL-2 Signals. Science, 11. April 2025. https://doi.org/10.1126/science.adq1405
Neuer Pathoblocker soll Salmonelleninfektion frühzeitig stoppen
Eberhard Karls Universität Tübingen
Team der Universität Tübingen und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung entdeckt einen Stoff, der Signalketten der Krankheitserreger bei der Zellinvasion hemmt.
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Beim Angriff auf ihr Zielgewebe im Magen-Darm-Trakt setzen Salmonellen Sekretionssysteme in Gang, die sich auf mehrere Transkriptionsregulatoren stützen „Einer dieser Regulatoren, HilD, spielt eine zentrale Rolle beim Eindringen von Salmonellen in die Wirtszelle. Wir haben eine geeignete Zielstruktur bei HilD für neue Wirkstoffkandidaten identifiziert“, sagt Dr. Abdelhakim Boudrioua vom Exzellenzcluster CMFI, der Erstautor der Studie. Um die Signale zur Proteinherstellung weiterzuleiten, müssen die Regulatoren hochspezifisch an weitere Regulatoren und DNA binden und weitere Reaktionen auslösen. Die Bindungsstelle bei HilD kann man sich auf molekularer Ebene vorstellen wie eine detailliert geformte dreidimensionale Tasche. Der entdeckte Stoff passt genau in diese Tasche und stört dadurch die Funktion des Regulators, erklärt der Forscher. Dadurch könne der Infektionsvorgang abgebrochen werden.
Das Forschungsteam durchsuchte große Substanzdatenbanken nach potenziellen Kandidaten. „Wir haben C26 als vielversprechendste Substanz identifiziert. Anschließend haben wir eine umfassende Analyse der Wirkungsweise und der genauen Bindungsstelle an der Struktur von HilD gemacht“, sagt Boudrioua. Es folgten zahlreiche Tests zur Effizienz von C26 bei der Unterdrückung der Infektion, zum Beispiel durch den Nachweis, dass der Hemmstoff die Pathogenität von Bakterien beeinträchtigt, die sich in Makrophagen – den Zellen des Immunsystems des Wirts – verstecken. „Nach unseren Ergebnissen konnte C26 den Infektionsprozess der Salmonellen frühzeitig am zentralen Regulator HilD stoppen. Es scheint spezifisch auf die Krankheitserreger zu wirken und das nützliche menschliche Mikrobiom nicht weiter zu beeinflussen“, fasst Wagner zusammen. „Wir haben nun einen geeigneten Ausgangsstoff zur Weiterentwicklung als Medikament.“
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Link: https://idw-online.de/de/news850441
Originalpublikation: Abdelhakim Boudrioua, Joe D. Joiner, Iwan Grin, Thales Kronenberger, Vadim S. Korotkov, Wieland Steinchen, Alexander Kohler, Sophie Schminke, Julia-Christina Schulte, Michael Pietsch, Arun Nai-ni, Simon Kalverkamp, Sven-Kevin Hotop, Travis Coyle, Claudio Piselli, Murray Coles, Katharina Rox, Matthias Marschal, Gert Bange, Antje Flieger, Antti Poso, Mark Brönstrup, Marcus D. Hart-mann, Samuel Wagner: Discovery of synthetic small molecules targeting the central regulator of Salmonella pathogenicity. Science Advances, https://doi.org/10.1126/sciadv.adr5235
Nicht Salzstreuer, sondern Reißbrett
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Bioinformatik: Veröffentlichung in Science Die Gene im bakteriellen Erbgut sind sinnvoll geordnet, wie Bioinformatiker von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) und der Universität im schwedischen Linköping festgestellt haben. In der renommierten Fachzeitschrift Science beschreiben sie, dass die Gene nach ihrer Funktion angeordnet sind: Werden sie bei schnellerem Wachstum wichtiger, liegen sie nahe am Startpunkt des Replikationsvorgangs. Ihre Position bestimmt also, wie aktiv sie in Abhängigkeit von der Wachstumsrate sind.
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Dr. Hu: „Wir verstehen nun besser, wie Bakterien ihre Gene steuern. Die Ergebnisse haben uns wirklich überrascht. Sie erklären aber hervorragend einen wichtigen Aspekt der bakteriellen Evolution: Die richtige Positionierung im Genom verschaffte den heute existierenden Bakterien einen Vorteil vor ihren Konkurrenten.“
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Link: https://idw-online.de/de/news850650
Originalpublikation: Xiao-Pan Hu, Bayu Brahmantio, Krzysztof Bartoszek, Martin J. Lercher. Most bacterial gene families are biased toward specific chromosomal positions. Science 388/6743 (2025). DOI: https://doi.org/10.1126/science.adm9928