Studie zeigt Nutzen von molekularer Tumoranalyse
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)
Jeder Tumor ist einzigartig. Das macht es schwierig, die wirksamste Therapie für eine Behandlung zu finden. Forschende in Zürich und Basel zeigen nun: Mithilfe modernster molekularbiologischer Verfahren lässt sich innerhalb von vier Wochen ein detailliertes Tumorprofil erstellen, das eine massgeschneiderte Therapie ermöglicht. Die Studie ist weltweit die erste dieser Art.
Link: https://idw-online.de/de/news852982
Neu identifizierte Gruppe von Nervenzellen im Gehirn reguliert das Körpergewicht
Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung
Übergewicht ist ein weltweites Gesundheitsproblem, von dem viele Menschen betroffen sind. In den letzten Jahren wurden sehr vielversprechende Medikamente gegen Übergewicht entwickelt. Trotz dieser Erfolge gibt es Patienten, die auf diese Medikamente nicht ansprechen oder unter Nebenwirkungen leiden. Daher gibt es immer noch einen Mangel an Therapien. Forschende am Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung haben nun eine kleine Gruppe von Nervenzellen im Hypothalamus von Mäusegehirnen entdeckt, die das Essverhalten und die Gewichtszunahme beeinflussen. Diese Entdeckung könnte die Entwicklung von gezielten Medikamenten gegen Übergewicht ermöglichen.
Link: https://idw-online.de/de/news852916
Vom Müll zum Booster: Wie RNA das Immunsystem antreibt
Philipps-Universität Marburg
Forschende entdecken bislang unbekannte Netzwerke aus RNA und Proteinen, die Immunzellen steuern – ein Durchbruch für die RNA-Forschung
Link: https://idw-online.de/de/news852931
Länger leben: Kombinationstherapie mit Rapamycin und Trametinib verlängert die Lebensdauer von Mäusen
Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns
- Die Kombination von Rapamycin und Trametinib verlängert die Lebensdauer von Mäusen um etwa 30% und wirkt besser als jedes der Medikamente allein. • Die Therapie reduziert chronische Entzündungen und verzögert Krebsentwicklung • Neuer Mechanismus: Die Kombination beeinflusst die Genexpression anders als die Einzelmedikamente, ohne zusätzliche Nebenwirkungen.
Link: https://idw-online.de/de/news852757
43’000 Datenpunkte gegen Schwarzen Hautkrebs: Datenbasierte personalisierte Behandlungen sind auf dem Weg in die Praxis
Universitätsspital Zürich
Jeder Tumor ist einzigartig. Das macht es schwierig, die wirksamste Therapie für eine Behandlung zu finden. Das Tumor Profiler Center des Universitätsspitals Zürich, der Universität Zürich, der ETH Zürich und des Universitätsspitals Basel führte nun eine Studie durch, in der mit neun verschiedenen molekularbiologischen Technologien die Eigenschaften des Tumors in vier Wochen genau vermessen wurden und eine präzise Therapieentscheidung ermöglicht wird. Die Studie ist weltweit die erste dieser Art.
Link: https://idw-online.de/de/news852956
Doppelte CAR-T-Zelltherapie zeigt Erfolg bei seltener Autoimmunerkrankung
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
FAU-Forschende behandeln weltweit erstmals eine Autoimmunerkrankung mit zwei verschiedenen CAR-T-Zelltherapien
Link: https://idw-online.de/de/news852959
Darmbakterien beeinflussen Alterung der Blutgefässe
Universität Zürich
Die Alterung der innersten Zellschicht von Blutgefässen führt zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Nun konnten Forschende der UZH erstmals nachweisen, dass Darmbakterien und deren Stoffwechselprodukte direkt zur Gefässalterung beitragen. Im Alter verändert sich die Bakterienzusammensetzung im Darm so, dass weniger «verjüngende» und mehr schädliche Substanzen im Körper zirkulieren.
Link: https://idw-online.de/de/news852961
Personalisierte Lungenkrebstherapie: Biomarker ermöglicht bessere Vorhersage des Therapieerfolgs
Universitätsklinikum Essen
Lungenkrebs ist die weltweit häufigste tödliche Krebserkrankung. Ein zentraler Fortschritt in der Behandlung ist die Analyse von Krebsgenomen, die gezielte, personalisierte Therapien ermöglichen kann. Am Lungenkrebszentrum des Westdeutschen Tumorzentrums der Universitätsmedizin Essen gehört diese Form der Diagnostik bereits zum Standard. Eine besondere Herausforderung stellt dabei die sogenannte KRAS G12C-Mutation dar. Diese Mutation ist eine der häufigsten genetischen Veränderungen bei Lungenkarzinomen und tritt besonders bei Raucher:innen auf.
Link: https://idw-online.de/de/news852962
Studienergebnisse im American Journal of Psychiatry: Wie hängen Selbstkontrolle und Internetsucht zusammen?
Universität Duisburg-Essen
Was passiert im Kopf von Personen, die suchtartig das Internet nutzen? Das möchte Prof. Dr. Matthias Brand von der Universität Duisburg-Essen mit seinem Team in der Forschungsgruppe 2974* herausfinden. Bei ihrer Suche nach zugrundeliegenden psychologischen und neurobiologischen Prozessen werden die Wissenschaftler:innen seit 2020 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Nun veröffentlichen sie erste Erkenntnisse zu Selbstkontrollfunktionen im renommierten American Journal of Psychiatry.
Link: https://idw-online.de/de/news852987
Erschöpfte Immunzellen
TWINCORE – Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung
Forschende von TWINCORE und MHH ergründen Ursache von Lungenschäden bei Autoimmunkrankheiten Patienten mit systemischer Sklerose oder dem Sjögren-Syndrom leiden unter verschiedenen Entzündungsreaktionen, die das körpereigene Immunsystem hervorruft. Ein Team von Forschenden am TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung in Hannover hat gemeinsam mit Kollegen aus der Klinik für Pneumologie und Infektiologie sowie der Klinik für Rheumatologie und Immunologie der Medizinischen Hochschule Hannover die Rolle bestimmter Immunzellen im Krankheitsgeschehen bei systemischer Sklerose und Sjögren-Syndrom genauer untersucht.
Link: https://idw-online.de/de/news852878
Erbsenproteinhydrolysaten liefert überraschende Erkenntnisse
Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie
Eine aktuelle Studie des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München zeigt: Auch weniger bitter schmeckende Erbsenproteinhydrolysate können ebenso starke Sättigungssignale in Magenzellen auslösen wie ihre bittereren Pendants. Entscheidend ist, dass bei ihrer Verdauung im Magensaft neue bittere Proteinfragmente entstehen, welche die Ausschüttung von Magensäure und des Botenstoffs Serotonin stimulieren – beide Signale tragen im Körper maßgeblich zum Sättigungsgefühl bei. Die Studienergebnisse eröffnen neue Perspektiven für die Entwicklung pflanzlicher Lebensmittel, die Gesundheit, Geschmack und Nachhaltigkeit sinnvoll vereinen.
Link: https://idw-online.de/de/news852844
Trifluoressigsäure (TFA): Bewertung für Einstufung in neue Gefahrenklassen vorgelegt
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
Deutsche Behörden bewerten TFA als fortpflanzungsgefährdend, sehr persistent und sehr mobil
Link: https://idw-online.de/de/news852854
Einweg-E-Zigaretten bringen junge Erwachsene schneller in die Nikotinabhängigkeit als bisher angenommen
Klinikum der Universität München
Eine neue Studie des LMU Klinikums München in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) spricht für ein hohes Suchtpotential von Einweg-E-Zigaretten. Die im Vorfeld des Weltnichtrauchertags am 31. Mai veröffentlichte Studie zeigt: Moderne „Vapes“ setzen Nikotin nahezu so schnell und effizient frei wie herkömmliche Zigaretten – mit dramatischen Folgen für das Abhängigkeitsrisiko.
Link: https://idw-online.de/de/news852855
Wilms-Tumoren: Wie Gene und Prägung den Weg für Krebs ebnen
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Die Biobank für pädiatrische Nierentumoren am Biozentrum der Universität Würzburg spielt eine Schlüsselrolle bei der Identifizierung erblicher Ursachen von Wilms-Tumoren. Neue Erkenntnisse, die mit ihrer Hilfe gewonnen wurden, ermöglichen eine bessere Risikoeinschätzung für betroffene Familien und könnten eine Grundlage für gezieltes Screening und eine verbesserte Früherkennung bilden.
Link: https://idw-online.de/de/news852861
Neuer Erklärungsansatz für Geschlechtsunterschiede bei altersbedingten Krankheiten: Stilles X-Chromosom erwacht im Alter
Technische Universität München
Frauen erkranken im Alter anders als Männer – zum Beispiel bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und neurodegenerativen Erkrankungen wie Demenz und Parkinson. Ein Team der Technischen Universität München (TUM) hat einen neuen Erklärungsansatz dafür gefunden. Mit zunehmendem Alter werden bei weiblichen Mäusen Gene auf dem ursprünglich stillgelegten zweiten X-Chromosom aktiv. Dieser Mechanismus könnte auch die Gesundheit von Frauen im Alter beeinflussen.
Link: https://idw-online.de/de/news852863
Ein Chip mit natürlichen Blutgefäßen
Technische Universität Wien
TU Wien und die Universität Keio (Japan) haben eine neue Methode entwickelt, Blutgefäße in winzigen Organmodellen auf einem Chip zu erzeugen – rasch und reproduzierbar.
Link: https://idw-online.de/de/news852879
Erfolg in der Behandlung von Autoimmun-Bluterkrankheit
Medizinische Hochschule Hannover
MHH-Hämatologen therapieren schwerkranken Patienten mit erworbener Hämophilie A erfolgreich mit CAR-T-Zellen.
Link: https://idw-online.de/de/news852889
Im Gleichklang denkt das Gehirn effizienter
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Studie zeigt, wie gut abgestimmte Hirnrhythmen Intelligenz begünstigen
Bei schwierigen Aufgaben schwingen bestimmte Gehirnimpulse im selben Takt – wie ein gut eingespieltes Orchester. Eine Studie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) zeigt nun erstmals, wie flexibel sich dieser Gleichklang je nach Situation anpasst – und dass diese Dynamik eng mit Intelligenz verknüpft ist. „Spezifische Signale im Stirnbereich sind in kritischen Phasen des Denkens bei kognitiv leistungsstärkeren Menschen besser abgestimmt“, erklärt Prof. Dr. Anna-Lena Schubert vom Psychologischen Institut der JGU, Erstautorin der kürzlich im renommierten Fachmagazin Journal of Experimental Psychology: General erschienenen Studie.
Im Zentrum der Untersuchung standen der mittlere Stirnbereich des Gehirns und das dort messbare Zusammenspiel der sogenannten Theta-Wellen. Diese schwingen in einem Frequenzbereich von vier bis acht Hertz, womit sie zu den langsamen Hirnstromwellen gehören. „Sie treten vor allem dann auf, wenn das Gehirn besonders gefordert ist, etwa wenn wir konzentriert nachdenken oder unser Verhalten gezielt steuern“, erklärt Prof. Dr. Anna-Lena Schubert, Leiterin der Abteilung Analyse und Modellierung komplexer Daten am Psychologischen Institut der JGU.
148 Probandinnen und Probanden im Alter von 18 und 60 Jahren absolvierten zunächst Tests zu Gedächtnis und Intelligenz, bevor ihre Gehirnaktivität mittels Elektroenzephalogramm (EEG) aufgezeichnet wurde. Diese Methode misst über Elektroden auf der Kopfhaut kleinste elektrische Spannungen im Gehirn und bietet damit ein bewährtes Verfahren, um zeitlich präzise Einblicke in Denkprozesse zu gewinnen. Während dieser Messung wurde die sogenannte kognitive Kontrolle der Teilnehmenden mit drei denkintensiven Aufgaben getestet.
Gefragt war dabei ihre Fähigkeit, flexibel zwischen wechselnden Regeln umzuschalten, was ein zentrales Merkmal intelligenter Informationsverarbeitung darstellt. So mussten die Probandinnen und Probanden etwa in einem Moment per Tastendruck entscheiden, ob eine Zahl gerade oder ungerade ist, und im nächsten, ob sie größer oder kleiner als fünf ist. Jede Regeländerung erforderte eine schnelle Anpassung der mentalen Strategie – ein Prozess, bei dem sich die Koordination der Hirnnetzwerke besonders gut beobachten lässt.
Das Ergebnis: Bei Menschen mit hoher kognitiver Leistungsfähigkeit zeigte sich im EEG in den entscheidenden Momenten, vor allem beim Treffen einer Entscheidung, eine besonders starke Abstimmung der Theta-Wellen. Ihr Gehirn ist also besonders gut darin, in kritischen Phasen zielgerichtetes Denken zu unterstützen. „Menschen mit stärkerer Theta-Konnektivität im mittleren Stirnbereich des Gehirns gelingt es oft besser, den Fokus zu halten und Ablenkungen auszublenden, beispielsweise wenn beim Arbeiten das Handy piept oder man am trubeligen Rheinstrand ein Buch lesen möchte“, erklärt Schubert.
Für die Psychologin selbst überraschend war, wie stark dieser Gleichklang der neuronalen Aktivität mit Intelligenz zusammenhängt. „Das hätten wir in dieser Klarheit nicht erwartet“, so Schubert. Entscheidend sei dabei nicht ein durchgehender Einklang, sondern die Fähigkeit des Gehirns, den Takt flexibel und situativ anzupassen – wie ein gut geführtes Ensemble, bei dem der Stirnbereich oft als Taktgeber fungiert, aber stets im Zusammenspiel mit anderen Hirnregionen. Relevant sei diese sogenannte Theta-Konnektivität insbesondere beim Umsetzen von Entscheidungen, nicht jedoch in der vorbereitenden Phase, etwa beim mentalen Einstellen auf Aufgabenwechsel.
Frühere EEG-Studien zur Intelligenz hatten sich meist auf die Aktivität einzelner Hirnregionen konzentriert. Ihr Zusammenspiel wurde aber selten systematisch untersucht oder in Verbindung mit kognitiver Leistung gebracht. Insbesondere fehlte bislang die Kombination verschiedener Aufgaben, um übergreifende, stabile Muster auszumachen. Die neuen Befunde zeigen, wie Unterschiede in der geistigen Leistungsfähigkeit mit dynamischen Prozessen im Gehirn zusammenhängen.
„Mögliche Anwendungen wie neue Trainingsmethoden oder Diagnoseverfahren liegen noch in weiter Ferne“, betont die Psychologin. „Unsere Studie liefert jedoch wichtige Grundlagen, um besser zu verstehen, wie Intelligenz auf neuronaler Ebene funktioniert.“ Eine Folgestudie, für die noch Teilnehmende ab 40 Jahren aus dem Rhein-Main-Gebiet gesucht werden, soll nun klären, welche Prozesse zum effizienteren Zusammenspiel der Hirnregionen beitragen und welche Rolle weitere geistige Fähigkeiten wie die Verarbeitungsgeschwindigkeit und das Arbeitsgedächtnis spielen.
Link: https://idw-online.de/de/news852796
Originalpublikation:
A.-L. Schubert et al., Trait characteristics of midfrontal theta connectivity as a neurocognitive measure of cognitive control and its relation to general cognitive abilities, Journal of Experimental Psychology: General, 22. Mai 2025,
DOI: https://doi.org/10.1037/xge0001780
Einfluss von Omega-3-Fettsäuren auf kardio-vaskuläre Erkrankungen
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
26.05.2025 – Große Studien zum Einfluss von mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren auf die kardiovaskuläre Gesundheit haben in der Vergangenheit gegensätzliche Ergebnisse ergeben. Lange war deshalb unklar, inwiefern diese Fettsäuren einen positiven Einfluss auf das kardiovaskuläre Risiko haben. Düsseldorfer Forschende haben mit einer internationalen Studie nun einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, den Einfluss von Omega-3-fettsäurehaltigen Präparaten zu verstehen. Ihre Ergebnisse stellen sie in der Fachzeitschrift Science Translational Medicine vor.
Kardiovaskuläre Erkrankungen, zu denen Herzinfarkte und Schlaganfälle gehören, sind eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland und eng mit Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Lebensstil und Ernährung verknüpft. Insbesondere die Zufuhr von Fetten ist hier ein Faktor.
Vor allem mehrfach-ungesättigte Omega-3-Fettsäuren können im Vergleich zu gesättigten Fettsäuren unterstützend wirken. Häufig werden Betroffenen diese in Form von Präparaten verschrieben. Eine Schwierigkeit ist jedoch, dass die Funktionsweise und Wirksamkeit von Omega-3-fettsäurehaltigen Präparaten in Studien nie eindeutig geklärt werden konnte. Bisherige Studienergebnisse waren häufig gegensätzlich und konnten nicht eindeutig aufzeigen, ob oder in welchen Zusammensetzungen oder Dosierungen Omega-3-fettsäurehaltige Präparate das kardiovaskuläre Risiko positiv beeinflussen können.
Im Rahmen einer Studie, die nun in Science Translational Medicine erschien, konnte eine Forschungsgruppe rund um Dr. med. Philipp Mourikis und Prof. Dr. Amin Polzin von der Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie am Universitätsklinikum Düsseldorf und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) einen Beitrag dazu leisten, die Wirkung von Omega-3-fettsäurehaltigen Präparaten im Körper zu verstehen und abzubilden.
In ihrer Arbeit konnten Dr. Mourikis und Prof. Polzin einen bisher unbekannten, schützenden Mechanismus darstellen, den mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren auf die Funktion der Blutplättchen haben. Diese wird durch die Omega-3-Fettsäuren gehemmt, was sich positiv auf das Risiko auswirkt, kardiovaskulär zu erkranken.
Entscheidend ist dabei, dass dieser Effekt nur bei einer bestimmten Omega-3-Fettsäure, der Eicosapentaensäure (EPA) und nur in einer hohen Konzentration erzielt wird. EPA hemmt dabei einen zentralen Schritt der Blutplättchen-Aktivierung, sodass diese weniger dazu neigen, Gerinnsel zu bilden. Dadurch lassen sich also Rückschlüsse auf eine vorteilhafte Dosierung und Zusammensetzung von Omega-3-Fettsäure-Präparaten ziehen, die kardiovaskulären Erkrankungen vorbeugen sollen.
„Durch unsere Studie konnten wir einen wichtigen Beitrag dazu leisten zu verstehen, wodurch ein schützender Effekt durch Omega-3-Fettsäuren erfolgt und welche Zusammenstellung und Dosierung nötig zu sein scheinen, um einen Schutz vor Herzinfarkten und Schlaganfällen zu erreichen“, erklärt Prof. Dr. Amin Polzin die aktuellen Studienergebnisse.
Link: https://idw-online.de/de/news852801
Originalpublikation:
P. Mourikis, M. Benkhoff, L. Wildeis, M. Barcik, C. Helten, C. Coman, F. A. Solari, D. Krahn, L. Dannenberg, S. Ahlbrecht, D. Zikeli, A. Utz, K. Trojovky, H. Richter, G. Al Kassis, R. M’Pembele, S. Zako, T. Huckenbeck, S. Bauer, D. Schmitz, S. Pfeiler, N. Gerdes, C. Dücker, J. Pircher, Z. Zhe, M. Thienel, Q. Ul Ain, P. Keul, N. Kirkby, D. Sohn, W. Budach, T. Hohlfed, K. Schrör, B. Levkau. T. Zeus, S. H. L. Verhelst, R. Ahrends, A. Sickmann, J. Mitchell, S. Mora, J. E. Manson, D. L. Bhatt, U. Landmesser, S. Massberg, M. Kelm, T. Petzold, A. Polzin. Icosapent ethyl reduces arterial thrombosis by inhibition of cyclooxygenase-1–induced platelet reactivity. Science Translational Medicine (2025) https://www.science.org/doi/10.1126/scitranslmed.ado0610
Krebszellen haben eine Achillesferse: Saarbrücker Pharmazie trägt bei zu neuartiger Therapiestrategie
Universität des Saarlandes
Eine verborgene Schwachstelle in Tumorzellen eröffnet einen neuen Ansatzpunkt für Krebsmedikamente: Ein Forschungsteam der Universität des Saarlandes und des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) nahm im Rahmen eines internationalen Projekts ein Schlüsselprotein ins Visier: Es bietet eine Angriffsfläche, um den Energiestoffwechsel von Krebszellen empfindlich zu stören und ihnen, salopp gesagt, den Saft abzudrehen. Gemeinsam mit Arbeitsgruppen aus Kanada, den USA und Korea kamen sie Proteinen auf die Spur, die dazu beitragen, dass Tumoren wachsen und streuen. Die Forscherinnen und Forscher veröffentlichen ihr Ergebnis in der Fachzeitschrift Cell Genomics.
Eigentlich ist das Protein mit dem nüchtern klingenden Namen PLK1 in unserem Körper daran beteiligt, dass Zellen sich teilen. PLK1 spielt jedoch auch eine folgenschwere Rolle: Es trägt dazu bei, dass Tumorzellen mutieren, stark wachsen und Krebspatienten eine schlechte Prognose haben. Dadurch erschwert das Protein die Therapie, weil es fördert, dass Tumoren nicht nur aus gleichartigen, sondern aus vielen verschiedenartigen Zellen mit unterschiedlichen Eigenschaften bestehen. Ein internationales Forschungskonsortium ist also mit gutem Grund dem Protein PLK1 auf der Spur: Ziel ist es, neue Ansätze für Krebstherapien gegen bösartige Tumoren zu finden, die zu aggressivem Wachstum und Streuung neigen.
Leicht macht es die „Polo-like Kinase 1“, so der volle Name des PLK1, den Forscherinnen und Forschern aus Kanada, den USA, Korea und Deutschland jedoch nicht. Denn das Protein direkt zu attackieren, um Mutationen zu verhindern, führte nicht zum gewünschten Erfolg. Verschiedene Pharma-Unternehmen haben zwar bereits Hemmstoffe entwickelt. „Die Aktivität der PLK1 direkt zu hemmen, also die Prozesse zu stoppen, zu verlangsamen oder sonst zu stören, hat jedoch nur begrenzte klinische Vorteile gezeigt. Die Patienten profitierten davon nicht“, erklärt Alexandra K. Kiemer, Professorin für Pharmazeutische Biologie von der Universität des Saarlandes.
Daher versuchten die Forscherinnen und Forscher, das Protein auf Umwegen, quasi durch die Hintertür, anzugehen. Dabei stießen sie auf IGF2BP2, ebenfalls ein Protein, das einen regen Umgang mit PLK1 pflegt: Beide Proteine wirken aufeinander ein, stehen in enger Beziehung und Wechselwirkung. „Wir konnten zeigen, dass IGF2BP2 ein lohnendes alternatives Ziel ist, um PLK1 in Tumoren zu treffen“, erklärt Alexandra K. Kiemer. Gemeinsam mit Professor Martin Empting und Doktorand Simon Both ist es ihr gelungen, nachzuweisen: Über IGF2BP2 kommt man an PLK1 und sein schädliches Tun heran.
Wenn Tumoren wachsen und sich im Körper verbreiten, ist dies ein äußerst komplexes Zusammenspiel verschiedenster Akteure. Auf Ebene der Moleküle laufen dabei ungezählte Mechanismen ab. Viele Protagonisten sind wie winzige Rädchen in einem großen Getriebe beteiligt. So tragen manche von ihnen über Zwischenschritte dazu bei, dass Signalwege der Zellen falsch ablaufen und Prozesse, die regulieren, wie Zellen wachsen und sich teilen, durch Mutationen gestört werden. Das Protein IGF2BP2 ist genau solch ein kleines Rädchen im Getriebe, das Prozesse in Gang bringt, die auch das PLK1 beeinflussen.
„Das IGF2BP2-Protein ist ein Tumor-Unterstützer, es fördert, dass der Krebs wächst und sich ausbreitet. Hemmen wir dieses Protein, wächst der Tumor langsamer, er hört auf zu mutieren“, bringt Martin Empting auf den Punkt. „In unseren Versuchsreihen haben wir die Aktivität von IGF2BP2 gehemmt. Dabei konnten wir zeigen, dass dadurch Tumoren in ihrem Wachstum gehemmt werden, an denen PLK1 beteiligt ist. IGF2BP2 und PLK1 stehen in einer genetischen Abhängigkeit. Ohne IGF2BP2 ist auch das PLK1 herunterreguliert und das Tumorwachstum wird signifikant eingeschränkt“, erklärt Martin Empting das Ergebnis des Saarbrücker Forschungsteams. Empting ist Professor für Medizinische Chemie der Anti-Infektiva an der Universität des Saarlandes und forscht am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS).
Ohne das IGF2BP2-Protein werden genetische Informationen nicht weitergegeben, der Stoffwechsel in den Krebszellen wird gestört und das an einer empfindlichen Stelle: den Kraftwerken der Zelle. „Die Mitochondrien produzieren die Energie, die Zellen für ihre Prozesse brauchen. Sie sind dabei auf bestimmte Proteine angewiesen. Ohne IGF2BP2 wird der Energiestoffwechsel der Krebszelle stark beeinträchtigt“, erklärt Doktorand Simon Both, der an den Versuchsreihen forschte. Den energiehungrigen Krebszellen wird also der Kraftstoffhahn zugedreht.
„Wir haben mit dem IGF2BP2-Protein eine Achillesferse der Krebszellen gefunden, die man jetzt im Kampf gegen tumorfördernde Eigenschaften des PLK1 ausnutzen kann. Diese Grundlagenforschung kann die Basis sein für neue Therapiestrategien gegen Krebs“, sagt Alexandra K. Kiemer.
…
Link: https://idw-online.de/de/news852804
Originalpublikation:
Cell Genomics, „Identification of targetable vulnerabilities of PLK1-overexpressing cancers by synthetic dosage lethality“
https://doi.org/10.1016/j.xgen.2025.100876
Montageanleitung für Enzyme
Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation
Universelle Regeln helfen beim Design von neuen Enzymen • Steuerung der Chemie als emergente Eigenschaft durch Verzweigung • Kopplung und Impulserhaltung als Grundlage für neues Modell der Enzymaktivität • Neuartiger Mechanismus umgeht Energiebarriere in enzymatischer Reaktion • Drei goldene Regeln für das Design von neuen Enzymen
In der Biologie haben sich Enzyme über Millionen von Jahren entwickelt, um chemische Reaktionen anzutreiben. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation (MPI-DS) haben nun universelle Regeln abgeleitet, die das de novo-Design optimaler Enzyme ermöglichen. Als Beispiel betrachteten sie die enzymatische Reaktion der Aufspaltung eines Dimers in zwei einzelne Moleküle. Unter Berücksichtigung der Geometrie eines solchen Enzym-Substrat-Komplexes stellten sie drei goldene Regeln auf, die bei der Konstruktion eines funktionsfähigen Enzyms beachtet werden sollten.
Erstens sollte die Schnittstelle zwischen Enzym und Molekül an ihrem jeweils kleineren Ende liegen. Auf diese Weise kann eine starke Kopplung zwischen beiden erreicht werden. Aus dem gleichen Grund sollte die Konformationsänderung im Enzym nicht kleiner sein als in der Reaktion. Schließlich muss die Konformationsänderung des Enzyms auch schnell genug erfolgen, um die chemische Triebkraft der Reaktion zu maximieren.
„Unsere Forschung basiert auf zwei Hauptsäulen“, beschreibt Ramin Golestanian, Direktor des MPI-DS, den Ansatz. „Die Erhaltung des Impulses und die Kopplung zwischen den Reaktionskoordinaten“, fährt er fort. Damit erweiterten die Forschenden die Sichtweise einer klassischen zweidimensionalen Reaktionskoordinate. Typischerweise definieren Modelle für enzymatische Reaktionen eine Energiebarriere, die überwunden werden muss, damit die Reaktion stattfinden kann.
„Da wir in unserem Modell auch die Enzymdynamik und -kopplung berücksichtigen, gehen wir über dieses bestehende Konzept hinaus und betrachten zwei Reaktionskoordinaten“, sagt Michalis Chatzittofi, Erstautor der Studie. „Anstatt eine Energiebarriere zu überwinden, eröffnen sich nun alternative Wege, um diese zu umgehen“, beschreibt er.
Diese Ergebnisse liefern eine neue Grundlage für die Konstruktion molekularer Maschinen. Sie liefern umgehen außerdem den mühsamen und technisch anspruchsvollen Ansatz, für das Design von Enzymen die Dynamik jedes Atoms einzeln zu simulieren.
Link: https://idw-online.de/de/news852738
Originalpublikation: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2667109325001320
Erste Inselzell-Organoide mit Blutgefäßen
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft
Das Team um Maike Sander, Wissenschaftliche Vorständin des Max Delbrück Center, hat ein vaskularisiertes Organoid der hormonproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse entwickelt. Die in „Developmental Cell“ publizierten Ergebnisse erleichtern die Forschung zu Diabetes und zellbasierten Therapien.
Erstmals ist es gelungen, aus menschlichen pluripotenten Stammzellen ein vaskularisiertes Organoid-Modell der Langerhansinseln in der Bauchspeicheldrüse zu entwickeln. Das berichtet ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Professorin Maike Sander, Wissenschaftliche Vorständin des Max Delbrück Center, in der Fachzeitschrift „Developmental Cell“. Die Langerhansinseln in der Bauchspeicheldrüse beherbergen unterschiedliche Arten hormonproduzierender Zellen, darunter die für die Insulin-Ausschüttung zuständigen Betazellen. Forschende der Arbeitsgruppe Sander an der University of California in San Diego haben nun herausgefunden, dass Insel-Organoide mit integrierten Blutgefäßen eine größere Anzahl reifer Betazellen enthielten und mehr Insulin produzierten als ihre nicht vaskularisierten Gegenstücke. Die vaskularisierten Organoide ahmten die im Körper vorhandenen Inselzellen besser nach.
„Unsere Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig das Netzwerk der Gefäße für die Funktion der Inselzellen in der Bauchspeicheldrüse ist“, sagt Sander. „Dieses Modell ermöglicht es uns, die natürliche Umgebung der Bauchspeicheldrüse besser nachzuahmen. Das ist für die Diabetesforschung und die Entwicklung neuer Behandlungsmethoden entscheidend.“
Aus Stammzellen entwickelte Inselzell-Organoide – also Mini-Organe, die Insulin produzierende Zellverbände außerhalb des Körpers nachbilden – nutzen Forschende, um Diabetes und andere endokrine Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse besser zu verstehen. Die Beta-Zellen in diesen Organoiden bleiben jedoch in der Regel unreif. Das macht sie zu suboptimalen Modellen der In-vivo-Bedingungen, sagt Sander. Obwohl es verschiedene Ansätze gibt, die die Reifung der Betazellen fördern sollen, blieb deren Erfolg begrenzt, sagt Sander.
Um die natürliche Umgebung besser nachzuahmen, fügten die Wissenschaftler*innen zwei Zelltypen zu den aus Stammzellen gezüchteten Insel-Organoiden hinzu: menschliche Endothelzellen, die die Blutgefäße auskleiden, und Fibroblasten, Zellen, die an der Bildung von Bindegewebe beteiligt sind. Das Team experimentierte mit verschiedenen Zellkulturmedien, bis sie die richtige Mischung gefunden hatte. Die Zellen überlebten nicht nur, sondern reiften und bildeten ein Netzwerk von röhrenförmigen Blutgefäßen, die die Inseln umgaben und durchzogen.
„Die Entwicklung der richtigen Rezeptur war unser Durchbruch“, sagt Sander. „Fünf Jahre lang hat ein engagiertes Team von Stammzellbiolog*innen und Bioingenieur*innen nach den geeigneten Bedingungen gesucht.“
Beim Vergleich von vaskularisierten und nicht vaskularisierten Organoiden zeigte sich, dass Inseln mit Blutgefäßen mehr Insulin ausschütten, wenn sie hohen Glukosewerten ausgesetzt waren. „Unreife Betazellen reagieren hingegen nicht gut auf Glukose. Das zeigte uns, dass das vaskularisierte Modell reifere Zellen bildete“, sagt Sander.
Anschließend untersuchten die Wissenschaftler*innen, wie das Gefäßsystem den Organoiden genau bei der Reifung hilft. Sie identifizierten zwei Schlüsselmechanismen: Endothelzellen und Fibroblasten unterstützen einerseits den Aufbau einer extrazellulären Matrix – das ist ein Netzwerk aus Proteinen und Kohlenhydraten auf der Zelloberfläche. Die Bildung der Matrix selbst signalisiert den Zellen, dass sie reifen sollen. Andererseits schütten die Endothelzellen das knochenmorphogenetische Protein (BMP) aus, das wiederum die Betazellen zur Reifung anregt.
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In einem letzten Schritt wiesen die Forschenden nach, dass vaskularisierte Inselzell-Organoide auch im lebenden Organismus mehr Insulin ausschütten. Diabetische Mäuse, die keine vaskularisierten Inselzell-Transplantate erhielten, schnitten schlechter ab als Mäuse, denen vaskularisierte Inselzellen eingepflanzt wurden. Einige dieser Mäuse zeigten 19 Wochen nach der Transplantation keinerlei Anzeichen einer Erkrankung mehr. Diese Ergebnisse bestätigen andere Studien, die gezeigt hatten, dass eine vorgeschaltete Vaskularisierung die Funktion transplantierter Inseln verbessert.
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Link: https://idw-online.de/de/news852488
Originalpublikation: Yesl Jun, Kim Vy, et al. (2025): „Engineered vasculature induces functional maturation of pluripotent stem cell-derived islet organoids.“ Developmental Cell. DOI: https://doi.org/10.1016/j.devcel.2025.04.024
Erste Inselzell-Organoide mit Blutgefäßen
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft
Das Team um Maike Sander, Wissenschaftliche Vorständin des Max Delbrück Center, hat ein vaskularisiertes Organoid der hormonproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse entwickelt. Die in „Developmental Cell“ publizierten Ergebnisse erleichtern die Forschung zu Diabetes und zellbasierten Therapien.
Link: https://idw-online.de/de/news852488
Mit einem Elektronenmikroskop Parkinson auf der Spur
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
FAU-Forschende machen wichtigen Risiko-Faktor für Parkinson und die Gaucher-Krankheit sichtbar
In Deutschland sind circa 400.000 Menschen an Parkinson erkrankt, Tendenz steigend. Ein Forschungsteam der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und des Uniklinikums Erlangen konnte mit Hilfe eines Elektronenmikroskops einen wichtigen Risikofaktor für die Erkrankungen sichtbar machen: die Struktur des Enzyms GCase in Verbindung mit seinem Transportprotein LIMP-2, welches das Enzym durch die Zelle zu seinem Wirkort transportiert.
Mutationen im Enzym β-Glucocerebrosidase (GCase) erhöhen die Wahrscheinlichkeit, an Parkinson zu erkranken, um das zwanzigfache. Außerdem sind diese Mutationen Ursache für die seltene Stoffwechselerkrankung Gaucher-Krankheit. Dem Forschungsteam um Prof. Dr. Friederike Zunke und PD Dr. Philipp Arnold ist es mit Partnern aus Osnabrück, Belgien und den USA gelungen, die Struktur des Enzyms GCase in Verbindung mit seinem Transportprotein LIMP-2 sichtbar zu machen. Dafür nutzten sie ein Kryo-Elektronenmikroskop, welches die Proteinstruktur quasi atomar aufgelöst sichtbar macht.
Fehlt einer Person das Enzym GCase oder funktioniert das Enzym fehlerhaft, dann ist das Problem groß. „Ein Enzym ist ein Protein mit einer ganz bestimmten Aufgabe im Körper “, erklärt Prof. Friederike Zunke. „Im Fall der GCase ist dieses Enzym verantwortlich für den Abbau seines bestimmten Substrates, welches ein Lipid, also vereinfacht gesagt ein Fett ist.“ Wenn das Enzym das Substrat nicht abbaut, sammelt sich dieses zusammen mit anderen Proteinaggregaten in den Zellen an. Das ist besonders dann ein Problem, wenn Zellen betroffen sind, die sich nicht teilen. „Wenn sich eine Zelle teilt, dann teilt sich auch deren Inhalt“, erläutert Friederike Zunke. „Wenn ich ein Protein-Aggregat, also einen Protein-Klumpen, in der Zelle habe, dann würde sich dieser zusammen mit der Zelle aufteilen und dann wäre das Problem wahrscheinlich weniger schwerwiegend. Unsere Nervenzellen teilen sich aber nicht mehr und deshalb reichern sich dort auch besonders Protein-Aggregate an, sollte das Enzym nicht funktionieren.“
Das passiert beispielsweise bei der Gaucher-Krankheit, einer lysosomale Speichererkrankung. Lysosomen sind bläschenartige, von einer Membran umschlossene Zellorganellen. Sie enthalten verschiedene Enzyme, mit denen sie Fremdstoffe oder körpereigene, nicht mehr benötigte Stoffe abbauen, weshalb sie auch als Recyclinghof der Zelle bezeichnet werden. Bei der Gaucher-Krankheit kommt es in den Lysosomen zu einer Speicherung des Substrats von GCase, da es nicht abgebaut wird und die Lysosomen verstopfen. Dies führt zu einer Anreicherung von Abfallstoffen in den Zellen, was zu ihrem langsamen Absterben führt.
Darüber hinaus ist GCase einer der größten genetische Risikofaktoren für die Parkinson Erkrankung. Enthält GCase bestimmte Mutationen, ist die Wahrscheinlichkeit, an Parkinson zu erkranken, bis zu zwanzigfach erhöht. „Deshalb ist der Erhalt der enzymatischen Aktivität von GCase ein wichtiger Baustein, bei der Erforschung neuer Therapieoptionen für die Parkinson-Krankheit“, erklärt Friederike Zunke. Studien haben gezeigt, dass sich durch eine Aktivierung des Enzyms GCase weniger zellschädigende Aggregate ansammeln. „Dieses Prinzip wurde für verschiedene Aktivatoren in klinischen Studien getestet. Es hat sich aber auch gezeigt, wie wichtig ein detailliertes Verständnis der Struktur dieses Proteins und seines Transporters ist.“, erzählt Philipp Arnold.
Das Forschungsteam um Friederike Zunke und Philipp Arnold konnte somit nicht nur das Molekül sichtbar machen, sondern auch klären, wie das Enzym GCase und das Transport-Protein LIMP-2 interagieren. „Wir haben gesehen, dass das Enzym alleine durch die Bindung an seinen Transporter LIMP-2 aktiviert wird. Dies könnte es in Zukunft ermöglichen, vor dem Hintergrund der nun gelösten Struktur des Transportkomplexes, neue Therapeutika zu entwerfen, die genau dort an das Protein andocken“, erklärt Friederike Zunke. Allerdings sei dafür noch viel Forschung notwendig.
Link: https://idw-online.de/de/news852694 | https://de.wikipedia.org/wiki/Morbus_Gaucher#Behandlung
Originalpublikation: https://www.nature.com/articles/s41467-025-58340-1
Aktualisierung der S2k-Leitlinie zur Berufskrankheit Silikose mit praktischer Bewertungshilfe jetzt veröffentlicht
Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP)
Das regelmäßige Inhalieren von feinstem Staub, wie es etwa im Bergbau, Straßenbau oder in der Metall- und Glasindustrie auftritt, kann Lungenkrankheiten verursachen. Die sogenannte Silikose (Quarzstaublunge) wird unter bestimmten Voraussetzungen auch als Berufskrankheit anerkannt. Der dynamischen Entwicklung in diesem Bereich trägt die jetzt veröffentlichte Aktualisierung der S2k-Leitlinie „Diagnostik und Begutachtung der Berufskrankheit Nr. 4101 Quarzstaublungenerkrankung (Silikose) der Berufskrankheitenverordnung“ Rechnung. Die Empfehlungen richten sich nicht nur an relevante Fachärztinnen und -ärzte wie etwa aus der Pneumologie, Arbeitsmedizin, Radiologie oder Onkologie.
Link: https://idw-online.de/de/news852580
Jugendliche sind gut informiert – und seelisch belastet
Universität Regensburg
Jugendliche und junge Erwachsene brauchen in Krisenzeiten mehr Kommunikation, mehr Social-Media-Kompetenz, mehr psychologische Hilfe: Der Lehrstuhl für Kinder- und Jugendpsychiatrie und psychotherapie der Universität Regensburg hat ein alarmierendes bundesweites Stimmungsbild erhoben und gibt Empfehlungen.
Link: https://idw-online.de/de/news852582
Erster Labortest für die Frühdiagnose von Bauchspeicheldrüsenkrebs bei Risikopatienten etabliert
Klinikum der Universität München
Die Arbeitsgruppe um Prof. Julia Mayerle von der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des LMU Klinikums München hat in einer prospektiven Studie untersucht, ob sich bei Risikopatienten mit einer Biomarkersignatur aus 12 bzw. vier Blutmetaboliten ein Bauchspeicheldrüsenkrebs ausschließen lässt. Die Biomarkersignaturen erreichten dies mit einer Spezifität von 90-4% bzw. 93-6% (CA19-9 alleine nur mit 79-1%). Damit steht erstmals ein Labortest für die Überwachung von Risikopatienten zur Verfügung, der den Bauchspeicheldrüsenkrebs in einem noch heilbaren Stadium diagnostizieren kann. Das Ergebnis wurde jetzt im renommierten Fachjournal The Lancet Gastroenterology and Hepatology veröffentlicht.
Link: https://idw-online.de/de/news852583
Parfüm und Körperlotion stören körpernahe chemische Reaktionen
Max-Planck-Institut für Chemie
In Innenräumen verändern Körperpflegeprodukte das von der menschlichen Haut erzeugte Oxidationsfeld.
- Öle und Fette auf unserer Haut und Ozon erzeugen in direkter Nähe des Körpers ein Oxidationsfeld aus hochreaktiven Hydroxylradikalen (OH).
- Eine neue Studie zeigt, dass dieses Oxidationsfeld in Innenräumen wesentlich von Körperpflegeprodukten beeinflusst wird.
- Körperlotion behindert die Bildung eines wichtigen OH-Vorläufers, indem sie als physikalische Barriere zwischen Ozon in der Luft und einem natürlichen Antioxidans der Haut wirkt.
- Lösungsmittel Ethanol in Duftstoffen senkt die OH-Mengen und verringert so das vom Menschen erzeugte Oxidationsfeld.
Im Jahr 2022 entdeckte ein Forschungsteam unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Chemie, dass in Innenräumen hohe Konzentrationen von Hydroxyl-Radikalen entstehen, wenn sowohl Menschen als auch Ozon vorhanden sind. Das bedeutet: Menschen erzeugen ihr eigenes Oxidationsfeld und verändern die Luftchemie in Innenräumen in ihrem nahen Umfeld. In einer Folgestudie fand das internationale Forschungsteam nun heraus, dass Körperpflegeprodukte die Entstehung von OH-Radikalen erheblich unterdrücken. Diese Erkenntnisse verändern unser bisheriges Verständnis der Chemie in Innenräumen, der Luftqualität in bewohnten Räumen und der menschlichen Gesundheit, da viele Chemikalien in unserer unmittelbaren Umgebung durch dieses Oxidationsfeld beeinflusst werden.
In Innenräumen sind wir von einem unsichtbaren Cocktail chemischer Verbindungen umgeben: Wände, Böden und Möbel gasen aus, beim Kochen oder Putzen entweichen Stoffe in die Luft und je nach Umgebung gelangen auch Schadstoffe von außen nach innen. Ozon (O3) aus der Außenluft kann mit Chemikalien in Innenräumen reagieren und so ein komplexes chemisches Gemisch im Wohnraum erzeugen. Da wir bis zu 90 Prozent unserer Zeit in Innenräumen verbringen, sind wir diesen chemischen Verbindungen über lange Zeiten ausgesetzt.
Aufbauend auf ihrer Studie aus dem Jahr 2022, untersuchten Jonathan Williams und sein Team vom Max-Planck-Institut für Chemie das vom Menschen erzeugte Oxidationsfeld noch einmal genauer. Damals konnten die Forschenden nachweisen, dass die menschliche Haut in Innenräumen ein Oxidationsfeld aus OH-Radikalen erzeugt und somit selbst zur Veränderung der Chemikalien in ihrer direkten Umgebung beiträgt. In der nun veröffentlichten Studie interessierte sie vor allem, ob sich das menschliche Oxidationsfeld in Innenräumen durch das Auftragen von Körperpflegeprodukten verändert.
„Da das Oxidationsfeld auf die Luft in unserem Atembereich und nahe der Haut einwirkt, beeinflusst es auch die Luft, die wir einatmen und beeinträchtigt unter Umständen sogar unsere Gesundheit. Daher ist es von Bedeutung herauszufinden, welche Wirkung Körperpflegeprodukte darauf haben,“ erklärt Gruppenleiter Jonathan Williams den Hintergrund der neuen Studie.
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Ohne Körperpflegeprodukte reagiert Ozon mit den Ölen und Fetten auf unserer Haut, besonders mit der ungesättigten Fettsäure Squalen, die etwa zehn Prozent des Talgs ausmacht. Das natürliche Antioxidans schützt unsere Haut und hält sie geschmeidig. Hierbei wird eine Vielzahl chemischer Stoffe freigesetzt, die Doppelbindungen enthalten und dadurch in der Luft mit Ozon weiter reagieren, wodurch erhebliche Mengen von OH-Radikalen entstehen (siehe Pressemeldung https://www.mpic.de/5263232/oxidation-field).
In der neuen Studie untersuchte das Wissenschaftsteam zunächst, wie sich das Auftragen von Bodylotion auf die chemischen Vorgänge rings um die Testpersonen auswirkte. Anschließend testeten sie, wie sich durch das Bestäuben der Haut mit Parfüm die chemische Komposition der Innenraumluft veränderte. In beiden Fällen stellten sie fest, dass die OH-Konzentration rund um die Testpersonen verglichen mit der Situation ohne Parfüm oder Creme abnahm.
Im Fall von Parfüm erklären die Wissenschaftler den Rückgang von Hydroxylradikalen mit Ethanol, dem Hauptbestandteil von Parfüm. Dieses reagiert mit OH und braucht es auf, da Ethanol während der Reaktion mit Ozon kein weiteres OH produziert.
„Für die Bodylotion können wir den Rückgang OH-Radikalen auf zwei Wegen erklären: Einerseits reagiert der Cremebestandteil Phenoxyethanol, das als Konservierungsmittel in Kosmetika eingesetzt wird, zwar mit OH, produziert aber bei der Reaktion mit Ozon keine neuen OH-Radikale. Das ist vergleichbar mit dem Ethanol in Parfüm. Die zweite Erklärung ist, dass die Bodylotion die Reaktion von Ozon mit dem Squalen auf unserer Haut verhindert, und so wie eine physikalische Barriere wirkt“, legt Atmosphärenchemiker Jonathan Williams dar.
„Im direkten Vergleich beeinflussen Düfte die OH-Reaktivität sowie ihre Konzentration über einen kürzeren Zeitraum. Demgegenüber hatte Bodylotion einen anhaltenderen Effekt“, fügt Nora Zannoni hinzu. Sie ist Erstautorin der nun im Wissenschaftsmagazin Science Advances erschienenen Studie. Zurzeit arbeitet sie in Italien am Institut für Atmosphärenwissenschaften und Klima in Bologna.
„Wenn wir ein Sofa neu kaufen, wird es vor dem Verkauf auf Schadstoffe geprüft. Doch während wir auf dem Sofa sitzen, verändern wir durch unser Oxidationsfeld die Ausdünstungen des Sofas. Dadurch entstehen neue chemische Verbindungen in unmittelbarer Nähe unserer Atemwege, deren Eigenschaften bisher weitestgehend unbekannt und unerforscht sind. Interessanterweise wissen wir nun zudem, dass sowohl Bodylotion als auch Parfüms diesen Effekt abdämpfen“, fasst Jonathan Williams zusammen.
Hintergrundinfos zum Oxidationsfeld
Menschen erzeugen kontinuierlich um sich herum OH-Radikale in der Luft. OH-Radikale sind jedoch sehr reaktiv und oxidieren andere in der Luft befindliche Chemikalien innerhalb von Sekunden. Die schnelle Produktion und der schnelle Verlust von OH finden einen Gleichgewichtspunkt und erzeugen eine Region mit höherem OH-Gehalt in unmittelbarer Körpernähe, die man als „Oxidationsfeld“ bezeichnet. Alle Verbindungen, die mit OH reagieren können, lassen sich übersichtlich als „Gesamtreaktivität“ zusammenfassen. Dieser Begriff bezeichnet die Gesamtverlustrate von OH-Radikalen, die durch alle Chemikalien in der Luft verursacht wird.
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Link: https://idw-online.de/de/news852585
Originalpublikation: Personal care products disrupt the human oxidation field: Nora Zannoni, Pascale S. J. Lakey, Youngbo Won, Manabu Shiraiwa, Donghyun Rim, Charles J. Weschler, Nijing Wang, Tatjana Arnoldi-Meadows, Lisa Ernle, Anywhere Tsokankunku, Gabriel Bekö, Pawel Wargocki, Jonathan Williams; Science Advances Doi: https://doi.org/10.1126/sciadv.ads7908
Neuronale Entwicklungsstörungen: Genetische Varianten als Ursache entdeckt
Universitätsklinikum Essen
Neuronale Entwicklungsstörungen betreffen weltweit Millionen Menschen. Für viele dieser Erkrankungen sind genetische Ursachen bekannt, für rund die Hälfte sind sie noch völlig unklar. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Christel Depienne vom Institut für Humangenetik der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und der Universitätsmedizin Essen hat nun eine Vielzahl von Mutationen in kleinen nukleären RNAs (snRNAs) als genetische Ursache identifiziert. Diese snRNAs sind wichtiger Bestandteil des sogenannten „Spleißosoms“, welches einen wichtigen Baustein in der korrekten Verarbeitung genetischer Information darstellt.
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Die Studie, veröffentlicht in Nature Genetics, basiert auf der Analyse von mehr als 23.000 Patient:innen mit seltenen Erkrankungen*. Sie zeigt, dass in etwa 0,5% der Fälle Mutationen im snRNA-Gen RNU4-2 vorliegen und zum sogenannten ReNU-Syndrom führen, einer seltenen neurologischen Entwicklungsstörung. Insgesamt wurden 145 neue Fälle mit (wahrscheinlich) krankheitsverursachenden genetischen Varianten in RNU4-2 identifiziert. Weitere 21 Patient:innen wiesen Veränderungen in den eng verwandten snRNA-Genen RNU5B-1 und RNU5A-1 auf, die ebenfalls mit neuronalen Entwicklungsstörungen in Verbindung gebracht werden. Die meisten dieser Genveränderungen traten spontan auf, das heißt, sie waren bei den Eltern nicht vorhanden, sondern sind bei den betroffenen Kindern neu entstanden – vor allem auf dem mütterlichen Erbgut. „Je nachdem, wo genau die Mutation im Gen liegt, unterscheiden sich der Schweregrad und die Ausprägung der Symptome deutlich“, erklärt Prof. Depienne.
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Link: https://idw-online.de/de/news852598
Originalpublikation: Dominant variants in major spliceosome U4 and U5 small nuclear RNA genes cause neurodevelopmental disorders through splicing disruption https://www.nature.com/articles/s41588-025-02184-4
Darmkrebsfrüherkennung: wirtschaftlicher mit immunologischem Stuhltest
Deutsches Krebsforschungszentrum
Trotz höherer Empfindlichkeit sind Multitarget-Stuhl-DNA-Tests (MSDT) für die Früherkennung von Darmkrebs nicht so wirtschaftlich wie immunologische Stuhltests (FIT), zeigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Die Screening-Kosten pro erkannter fortgeschrittener Krebsvorstufe oder pro frühzeitig erkanntem Darmkrebs fielen bei MSDT-basierten Screenings etwa 7- bis 9-mal höher aus als beim FIT-basierten Screening.
Tests auf verborgenes Blut im Stuhl sind eine wichtige Komponente der Darmkrebsvorsorge und Früherkennung. Die Stuhltests gehören in Deutschland zum gesetzlichen Krebsfrüherkennungsprogramm und werden für Menschen ab dem Alter von 50 Jahren alle zwei Jahre von den Krankenkassen bezahlt.
Die heute verwendeten Tests weisen Blut im Stuhl mithilfe von Antikörpern nach (immunologische Stuhltests, FITs). Sogenannte Multitarget-Stuhl-DNA-Tests (MSDTs), die zusätzlich zum normalen immunchemischen Test auf Blut im Stuhl ausgewählte DNA-Marker nachweisen, haben eine höhere Empfindlichkeit* als die FITs. Trotz ihrer geringeren Spezifität** und ihrer mehr als 20-fach höheren Kosten pro Test werden sie vor allem in den USA zunehmend zur Darmkrebsvorsorge eingesetzt.
Doch ist der Einsatz der MSDT auch wirtschaftlich? Forschende vom DKFZ verglichen dazu nun die Screening-Kosten pro frühzeitig erkanntem Darmkrebsfall von FIT, MSDT und so genannten MSDTs der nächsten Generation (N-G MSDT), die ein erweitertes molekulares Panel an DNA-Markern nachweisen.
Die Screening-Kosten pro erkannter fortgeschrittener Krebsvorstufe oder pro frühzeitig erkanntem Darmkrebs-Fall fielen bei MSDT-basierten und N-G MSDT-basierten Screenings etwa 7- bis 9-mal höher aus als beim FIT-basierten Screening. In ihren Berechnungen hatten die Forschenden auch die Kosten der Darmspiegelung zur Bestätigung eines positiven Testergebnisses berücksichtigt. Selbst wenn die jetzigen Preise für MSDT- und N-G MSDT-Tests um über 80 Prozent gesenkt würden, lägen die Kosten pro frühzeitig erkanntem Darmkrebs noch deutlich höher als beim FIT-basierten Screening.
Studienleiter Hermann Brenner, DKFZ, sagt dazu: Das Hauptargument für MSDT und N-G MSDT war bisher ihre höhere Empfindlichkeit im Vergleich zum FIT. Wir haben jedoch in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass sich im Wesentlichen die gleiche Empfindlichkeit und Spezifität ohne zusätzliche Kosten erreichen lässt, wenn wir die Positivitätsschwelle des FIT senken.“ Er ergänzt: „Angesichts leerer Kassen in den Gesundheitssystemen wäre es deutlich wirtschaftlicher, wenn sich der aktuelle Trend steigender MSDT-Nutzungsraten, wie wir ihn in den Vereinigten Staaten beobachten, umkehren ließe.“
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Link: https://idw-online.de/de/news852614
Publikation: Hermann Brenner, Teresa Seum, Thomas Heisser, Michael Hoffmeister: Dollars Needed to Pay per Early-Detected Colorectal Cancer Case in Stool-Based Screening. Annals of Internal Medicine 2025 DOI https://doi.org/10.7326/ANNALS-24-04026
Studie zeigt: mehr Qualität, bessere Ergebnisse – Zertifikate der DDG sichern Behandlungserfolg von Menschen mit Dia
Deutsche Diabetes Gesellschaft
Menschen mit Diabetes mellitus, die in einem Krankenhaus mit Zertifizierung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) behandelt werden, haben ein geringeres Risiko, im Krankenhaus zu versterben. Das ergab eine aktuelle Auswertung* von über 8 Millionen Krankenhausaufenthalten aus den Jahren 2021 bis 2023. Auf der heutigen Online-Pressekonferenz im Vorfeld des Diabetes Kongresses 2025 stellte Professor Dr. med. Andreas Fritsche die Ergebnisse der Versorgungsstudie vor und erläuterte, warum die besondere Expertise diabetologischer Fachabteilungen dringend strukturell und gesetzlich abgesichert werden muss.
Mindestens jeder 5. Patient, der stationär im Krankenhaus behandelt wird, ist an einem Diabetes mellitus erkrankt. „Oft erfordert die chronische Erkrankung daran angepasste Behandlungsabläufe und Therapieumstellungen, die häufig mehr Patientenmonitoring notwendig machen. Ebenso sind mit Diabetes nicht selten Komplikationen verbunden, die den Krankenhausaufenthalt verlängern können“, erklärte der Diabetologe vom Universitätsklinikum Tübingen. Darüber hinaus haben Menschen mit Diabetes ein um das 2,6-fache erhöhtes Risiko für einen frühzeitigen Tod, ihre Lebenserwartung ist im Mittel 5 bis 6 Jahre kürzer als die gleichaltriger Menschen ohne Diabetes. Etwa jeder 5. Todesfall in Deutschland ist mit einem Typ-2-Diabetes assoziiert.
Mit Blick auf die derzeit laufende Krankenhausreform und die Einführung sogenannter Leistungsgruppen warnt die DDG vor einer Schwächung diabetologischer Fachabteilungen. Die geplante Integration in allgemeine Leistungsgruppen der inneren Medizin könne zu einem Verlust etablierter Expertise führen. „Für eine qualitätsgesicherte Versorgung von Menschen mit Diabetes ist es erforderlich, diabetologische Fachabteilungen strukturell zu verankern“, erklärte Fritsche. „Dazu gehört, dass entsprechende Abteilungen in die Leistungsgruppe ‚Komplexe Diabetologie/Endokrinologie‘ überführt werden. Auch Internisten mit der Zusatzweiterbildung Diabetologie müssen für diese Leistungsgruppe zugelassen sein, um Versorgungssicherheit und Weiterbildung zu gewährleisten.“
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Die DDG vergibt Zertifikate an Krankenhausabteilungen, die eine strukturierte und spezialisierte Diabetesversorgung sicherstellen. Je nach Größe, Patientenspektrum und Schwerpunktsetzung werden folgende Zertifizierungen vergeben: Diabetes Exzellenzzentrum DDG, Diabeteszentrum DDG, Klinik mit Diabetes im Blick DDG. Zusätzliche Zertifikate decken besondere Kompetenzen in der Behandlung von Komorbiditäten oder vulnerablen Lebenssituationen ab, beispielsweise im Bereich Schwangerschaftsdiabetes, diabetischer Fuß (Fußbehandlungseinrichtungen der DDG) oder psychosoziale Betreuung.
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Link: https://idw-online.de/de/news852615
Originalpublikation: Auzanneau M et al: Advantages of DDG-certified hospitals for hospitalized patients with diabetes – A nationwide DRG analysis in Germany https://medrxiv.org/cgi/content/short/2025.04.07.25325368v1
Nebenwirkungsmanagement bei Krebs: S3-Leitlinie Supportive Therapie aktualisiert
Deutsche Krebsgesellschaft e. V.
Das Leitlinienprogramm Onkologie hat die S3-Leitlinie zur Supportiven Therapie bei onkologischen Patient*innen aktualisiert. Neu hinzugekommen sind unter anderem Behandlungsempfehlungen zum Nebenwirkungsmanagement der Immuntherapie, der Kardio- und zentralen Neurotoxizität sowie zur Behandlung von Nebenwirkungen bei Bestrahlung des Urogenitaltraktes. Die S3-Leitlinie entstand unter Federführung der Deutschen Krebsgesellschaft, vertreten durch die Arbeitsgemeinschaft „Supportive Maßnahmen in der Onkologie“, der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie sowie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie.
Link: https://idw-online.de/de/news852526
Bessere Graue Star-OPs durch KI-Video-Analyse
Universitätsklinikum Bonn
Studie: Automatische Auswertung von Katarakt-OP-Videos für optimierte Ausbildung & KI-Wettbewerb – Obwohl die manuelle Kleinschnitt-Kataraktoperation in den Ländern des globalen Südens weit verbreitet ist, gibt es keinen öffentlich zugänglichen OP-Video Datensatz für diese Operation, was eine kritische Lücke in der Kataraktchirurgie-Forschung hinterlässt. Daher hat ein internationales Forschungsteam an der Sankara Eye Foundation India unter Federführung des Universitätsklinikums Bonn (UKB) und der Universität Bonn erstmals eine automatisierte Phasenerkennung mittels KI bei der sogenannten Small Incision Cataract Surgery (SICS) entwickelt.
Link: https://idw-online.de/de/news852531
Originalpublikation:
Simon Mueller et al.: Phase Recognition in Manual Small-Incision Cataract Surgery with MS-TCN++ on the Novel SICS-105 Dataset; Scientific Reports; DOI: https://doi.org/10.1038/s41598-025-00303-z
Neue Einblicke in die antivirale Abwehr bei Fledertieren
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
Organoide enthüllen effektive Immunmechanismen gegen zoonotische Viren
Fledertiere gelten als natürliche Wirte für hochgefährliche Viren wie MERS- und SARS-verwandte Coronaviren sowie das Marburg- oder Nipah-Virus. Im Gegensatz zu den häufig tödlichen Krankheitsverläufen beim Menschen zeigen Fledertiere nach einer Infektion mit diesen Viren meist keine offensichtlichen Anzeichen einer viralen Erkrankung. Ein internationales Forschungsteam um Dr. Max Kellner und Prof. Josef Penninger – wissenschaftlicher Geschäftsführer des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) – hat nun eine innovative Organoid-Forschungsplattform entwickelt, mit der sie die zellulären antiviralen Abwehrmechanismen in den Schleimhäuten von Fledertieren genauer untersuchen konnten. Die Ergebnisse wurden jetzt im Fachjournal Nature Immunology veröffentlicht und könnten wegweisend für die Entwicklung neuer Therapien gegen virale Erkrankungen sein.
Um die Mechanismen der angeborenen Immunabwehr gegen Viren in Fledertieren aufzuklären, hat das Forschungsteam Organoide der Atemwege und des Darms aus Gewebe von Nilflughunden (Rousettus aegyptiacus), dem natürlichen Wirt des hochpathogenen Marburg-Virus und anderer zoonotischer Viren, hergestellt. „Aufgrund ihrer speziellen Lebensweise und der niedrigen Fortpflanzungsrate sind Fledertiere schwer zu untersuchen. Daher haben wir Organoide aus Schleimhautgewebe hergestellt, da diese sich in Kultur gut vermehren lassen und den ersten Kontakt mit Viren simulieren – Schleimhäute sind für viele Viren die Eintrittspforte in den Körper“, sagt Max Kellner, der seit April 2025 die Nachwuchsgruppe „Labor für Virus-Wirt Co-Evolution“ am HZI leitet.
Der Nilflughund gilt als natürlicher Wirt des hochpathogenen Marburg-Virus, das beim Menschen schweres hämorrhagisches Fieber auslösen kann und in 30 bis 90 Prozent der Fälle tödlich verläuft. Eine zugelassene Therapie oder Impfung gegen das Virus existiert bislang nicht. In enger Zusammenarbeit mit dem Team von Prof. Ali Mirazimi vom Karolinska-Institut in Stockholm konnten die Forschenden sowohl Flughund-Organoide als auch Organoide aus menschlichen Atemwegszellen im Hochsicherheitslabor der Schutzstufe 4 (S4) mit dem Marburg-Virus infizieren. Dabei zeigte sich, dass die Flughund-Organoide im Vergleich zu den menschlichen Modellen bereits vor einer Infektion eine deutlich erhöhte Grundaktivität der antiviralen Immunabwehr aufwiesen. „Unsere Experimente an Organoiden zeigten, dass die Epithelzellen von Nilflughunden im Vergleich zu denen des Menschen eine signifikant stärkere antivirale Grundabwehr und eine erhöhte Induktionsfähigkeit von antiviralen Reaktionen aufweisen, insbesondere durch das Interferon-System“, erklärt Max Kellner. „Interferone sind ein zentraler Bestandteil der angeborenen Immunabwehr und bekämpfen Virusinfektionen, indem sie Hunderte antiviraler Gene in Zellen aktivieren. Vermutlich ermöglicht dies Fledertieren, die Virusreplikation bereits früh in der Schleimhaut zu kontrollieren, während menschliche Zellen das Marburg-Virus zu Beginn der Infektion weniger effektiv erkennen, wodurch es sich ungehindert im Körper ausbreiten kann.“
Besonders Typ-III-Interferone spielen offenbar eine entscheidende Rolle in den Schleimhautzellen der Fledertiere: Nach der Infektion mit einer Vielzahl zoonotischer Viren reagierten Flughund-Organoide mit einer ausgesprochen starken Produktion dieser Interferone. Durch zusätzliche Stimulationsexperimente und genetische Modifikationen, wie etwa das gezielte Ausschalten des Interferon-Systems mittels CRISPR/Cas9, konnte die starke antivirale Aktivität der Interferone nachgewiesen werden. Zudem entdeckten die Forschenden einen selbstverstärkenden Genregulationsmechanismus der Typ-III-Interferone, der eine langanhaltende Schutzwirkung gegen Viren ermöglicht. „Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass Fledertiere durch eine Kombination verschiedener angeborener Immunprozesse in der Lage sind, unkontrollierte Virusvermehrungen zu verhindern, wodurch die Entstehung viraler Krankheiten wahrscheinlich verhindert wird“, sagt Josef Penninger. „Für die Entwicklung antiviraler Therapien und die Bekämpfung zukünftiger Pandemien ist es essenziell, die Resilienzmechanismen dieser Tiere gegenüber hochpathogenen Viren und die evolutionäre Anpassung ihres Immunsystems zu verstehen.“
Neben den neuartigen Erkenntnissen zu den antiviralen Mechanismen der Fledermaus-Schleimhäute bieten die entwickelten Organoide eine innovative Plattform, um die komplexe Biologie von Fledermäusen auf genetischer und molekularer Ebene zu untersuchen. Das Forschungsteam plant nun, die Organoid-Modelle in ihrer Komplexität weiterzuentwickeln und sie der wissenschaftlichen Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen. „Uns ist es ein besonderes Anliegen, unsere Erkenntnisse und die neu entwickelte Plattform im Sinne der Demokratisierung allen Forschenden zugänglich zu machen“, sagt Penninger. „Nur gemeinsam können wir die komplexen Mechanismen verstehen, die die Evolution zum Beispiel bei den Fledertieren hervorgebracht hat, und davon ausgehend neue Ansätze für die Abwehr und Behandlung viraler Erkrankungen entwickeln.“
Gewebeproben für die Herstellung der Organoide stammten aus der Zuchtkolonie von Nilflughunden am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in Greifswald. Der Großteil der Forschungsarbeiten wurde in Kooperation mit dem HZI an der Medizinischen Universität Wien und am Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IMBA) am Vienna BioCenter durchgeführt.
Link: https://idw-online.de/de/news852533
Max J. Kellner, Vanessa Monteil, Patrick Zelger, Gang Pei, Jie Jiao, Masahiro Onji, Komal Nayak, Matthias Zilbauer, Anne Balkema-Buschmann, Anca Dorhoi, Ali Mirazimi, Josef M. Penninger: Bat organoids reveal antiviral responses at epithelial surfaces. Nature Immunology, 2025, DOI: https://doi.org/10.1038/s41590-025-02155-1
Wenn Pilze den Atem rauben – Wie ein Schimmelpilz die Lunge aus dem Gleichgewicht bringt
Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI)
Neue Studie zeigt: Infektion mit 𝘈𝘴𝘱𝘦𝘳𝘨𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘧𝘶𝘮𝘪𝘨𝘢𝘵𝘶𝘴 verändert nicht nur die Lunge – auch Darm und Stoffwechsel spielen eine überraschende Rolle.
𝗘𝗶𝗻 𝘂𝗻𝘀𝗶𝗰𝗵𝘁𝗯𝗮𝗿𝗲𝗿 𝗘𝗶𝗻𝗱𝗿𝗶𝗻𝗴𝗹𝗶𝗻𝗴 𝘀𝘁𝗲𝗹𝗹𝘁 𝗱𝗮𝘀 𝗲𝗺𝗽𝗳𝗶𝗻𝗱𝗹𝗶𝗰𝗵𝗲 𝗚𝗹𝗲𝗶𝗰𝗵𝗴𝗲𝘄𝗶𝗰𝗵𝘁 𝗶𝗻 𝘂𝗻𝘀𝗲𝗿𝗲𝗿 𝗟𝘂𝗻𝗴𝗲 𝗮𝘂𝗳 𝗱𝗶𝗲 𝗣𝗿𝗼𝗯𝗲: 𝗗𝗲𝗿 𝗦𝗰𝗵𝗶𝗺𝗺𝗲𝗹𝗽𝗶𝗹𝘇 𝘼𝙨𝙥𝙚𝙧𝙜𝙞𝙡𝙡𝙪𝙨 𝙛𝙪𝙢𝙞𝙜𝙖𝙩𝙪𝙨 , 𝗶𝗻 𝗱𝗲𝗿 𝗡𝗮𝘁𝘂𝗿 𝗵𝗮𝗿𝗺𝗹𝗼𝘀, 𝗸𝗮𝗻𝗻 𝗯𝗲𝗶 𝗴𝗲𝘀𝗰𝗵𝘄ä𝗰𝗵𝘁𝗲𝗺 𝗜𝗺𝗺𝘂𝗻𝘀𝘆𝘀𝘁𝗲𝗺 𝘇𝘂𝗿 𝗲𝗿𝗻𝘀𝘁𝗲𝗻 𝗚𝗲𝗳𝗮𝗵𝗿 𝘄𝗲𝗿𝗱𝗲𝗻 – 𝘂𝗻𝗱 𝗱𝗶𝗲 𝗴𝗲𝘀𝗮𝗺𝘁𝗲 𝗕𝗮𝗸𝘁𝗲𝗿𝗶𝗲𝗻𝘄𝗲𝗹𝘁 𝗶𝗻 𝗱𝗲𝗿 𝗟𝘂𝗻𝗴𝗲 𝘃𝗲𝗿ä𝗻𝗱𝗲𝗿𝗻. 𝗗𝗼𝗰𝗵 𝗱𝗮𝗺𝗶𝘁 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁 𝗴𝗲𝗻𝘂𝗴: 𝗔𝘂𝗰𝗵 𝗱𝗲𝗿 𝗗𝗮𝗿𝗺 𝘂𝗻𝗱 𝗱𝗲𝗿 𝗦𝘁𝗼𝗳𝗳𝘄𝗲𝗰𝗵𝘀𝗲𝗹 𝘀𝗰𝗵𝗲𝗶𝗻𝗲𝗻 𝗯𝗲𝗶 𝗲𝗶𝗻𝗲𝗿 𝗟𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻𝗶𝗻𝗳𝗲𝗸𝘁𝗶𝗼𝗻 𝗯𝗲𝗲𝗶𝗻𝗳𝗹𝘂𝘀𝘀𝘁 𝘇𝘂 𝘀𝗲𝗶𝗻.
𝘈𝘴𝘱𝘦𝘳𝘨𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘧𝘶𝘮𝘪𝘨𝘢𝘵𝘶𝘴 ist fast überall zu finden – in Erde, Kompost oder in der Luft. Für gesunde Menschen ist er meist harmlos. Doch bei Patient*innen mit geschwächtem Immunsystem kann er eine schwere Lungeninfektion verursachen, die sogenannte invasive Aspergillose. Der Pilz kann möglicherweise den Sauerstoffgehalt in der Lunge so weit verändern, dass er für bestimmte Bakterien – wie 𝘓𝘪𝘨𝘪𝘭𝘢𝘤𝘵𝘰𝘣𝘢𝘤𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘮𝘶𝘳𝘪𝘯𝘶𝘴, der typischerweise im Darm, in der Mundhöhle und in der Lunge von Mäusen vorkommt – ein geeigneteres Umfeld schafft, um besser zu überleben und zu gedeihen. Diese Wechselwirkung könnte möglicherweise den Krankheitsverlauf beeinflussen und in neuen Behandlungsstrategien resultieren.
Dass Darm und Lunge in engem Austausch stehen, ist schon länger bekannt. Neue Daten eines Forschungsteams aus Jena vertiefen nun dieses Verständnis. Die Forschenden fanden Hinweise, dass sich nicht nur das Lungenmikrobiom, sondern auch das Darmmikrobiom und bestimmte Stoffwechselprodukte im Blut während der Infektion der Lunge mit 𝘈𝘴𝘱𝘦𝘳𝘨𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘧𝘶𝘮𝘪𝘨𝘢𝘵𝘶𝘴 verändern. Diese sogenannte „Darm-Lungen-Achse“ könnte in Zukunft eine bedeutende Rolle in der Therapie spielen. Die Arbeit wurde im Exzellenzcluster Balance of the Microverse, von Wissenschaftler*innen des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI) und der Friedrich-Schiller-Universität Jena durchgeführt und kürzlich im Journal Cell Reports veröffentlicht.
Das Forschungsteam nutzte ein Mausmodell für invasive Aspergillose. Um herauszufinden, wie sich die Infektion auf die Mikroben in Lunge und Darm auswirkt, haben die Forschenden die genetischen Marker der Mikroorganismen untersucht. Um die klinischen Bedingungen möglichst realistisch nachzubilden, wurden auch die Effekte einer Immunsuppression sowie einer antimykotischen Behandlung mit Voriconazol berücksichtigt. Das Team setzte spezialisierte Methoden ein, darunter DNA-Sequenzierung zur Identifizierung von Bakterien in Lunge und Darm sowie quantitative PCR zur Messung der Menge des Pilzerregers Aspergillus fumigatus und des dominanten Bakteriums 𝘓𝘪𝘨𝘪𝘭𝘢𝘤𝘵𝘰𝘣𝘢𝘤𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘮𝘶𝘳𝘪𝘯𝘶𝘴 in der Lunge. Darüber hinaus wurden metabolomische Analysen von Plasma und Lungengewebe durchgeführt. Diese Analysen erfassen und quantifizieren alle Stoffwechselprodukte in einem biologischen System, um Veränderungen im Stoffwechsel zu verstehen. Zudem isolierten die Forschenden lebende Bakterien aus den unteren Atemwegen der Mäuse und kultivierten sie gemeinsam mit 𝘈𝘴𝘱𝘦𝘳𝘨𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘧𝘶𝘮𝘪𝘨𝘢𝘵𝘶𝘴, um mögliche Wechselwirkungen zu untersuchen. Ein Schlüsselergebnis der Studie war, dass die Pilzinfektion sowohl das Lungen- als auch das Darmmikrobiom aus dem Gleichgewicht bringt. In der Lunge führt dies zu einer Anreicherung anaerober Bakterien. Besonders auffällig war das verstärkte Wachstum von 𝘓𝘪𝘨𝘪𝘭𝘢𝘤𝘵𝘰𝘣𝘢𝘤𝘪𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘮𝘶𝘳𝘪𝘯𝘶𝘴, was darauf hindeutet, dass der Pilz eine mikroaerophile Nische (geringe Sauerstoffkonzentrationen) schafft, die dieses Bakterium begünstigt.
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Link: https://idw-online.de/de/news852554
Originalpublikation: Nikitashina L, Chen X, Radosa L, Li K, Straßburger M, Seelbinder B, Böhnke W, Vielreicher S, Nietzsche S, Heinekamp T, Jacobsen ID, Panagiotou G, Brakhage AA (2025) The murine lung microbiome is disbalanced by the human-pathogenic fungus Aspergillus fumigatus resulting in enrichment of anaerobic bacteria, Cell Reports 44 DOI: https://doi.org/10.1016/j.celrep.2025.115442
Elektrophysiologie in atomarer Auflösung
Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften
Die Patch-Clamp-Technik hat die elektrophysiologische Forschung revolutioniert und ist Standard in Laboren weltweit. Damit können Forschende den Ionenstrom durch einen einzigen Ionenkanal genau messen. Was im Inneren eines Kanals passiert, lässt sich jedoch nicht beobachten. Ein Forschungsteam um Bert de Groot hat jetzt mithilfe von Molekulardynamik-Simulationen erstmals in atomarer Auflösung sichtbar gemacht, wie Kaliumionen einen Kaliumionenkanal passieren. Die dabei zugrunde gelegten Berechnungen stimmten präzise mit den Patch-Clamp-Messungen überein. Die Simulationen könnten dazu beitragen, besser zu verstehen, wie Ionenkanäle reguliert werden oder Medikamente auf Ionenkanäle wirken.
Sie sind buchstäblich Kanäle für Kommunikation: Poren bildende Proteine in lebenden Zellen, auch Ionenkanäle genannt, sind in die äußere Membran fast aller Zelltypen eingelagert und spielen eine entscheidende Rolle in den verschiedenen Nachrichtensystemen in unserem Körper. Blut-, Immun- oder Leberzellen kommunizieren darüber. Nervenzellen leiten über Ionenkanäle elektrische Signale an andere Zellen weiter.
Mit der von den Göttinger Forschern Erwin Neher und Bert Sakmann 1976 am damaligen Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische Chemie (heute: MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften) entwickelten Patch-Clamp-Technik ließ sich erstmals der extrem schwache elektrische Strom durch einen einzelnen geöffneten Ionenkanal in einer Nervenzelle messen. Im Jahr 1991 erhielten Neher und Sakmann dafür den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.
Patch-Clamp-Messungen sind sehr genau. Sie liefern aber keine detaillierten Informationen darüber, wie Ionen einen Kanal passieren, welche Wechselwirkungen sie dabei mit anderen Ionen und Molekülen eingehen und was Ionenkanäle für eine bestimmte Ionenart so effizient und selektiv macht. „Molekulardynamik-Simulationen können den experimentellen Aufbau Atom für Atom nachahmen und so Aufschlüsse über Vorgänge geben, die wir nicht experimentell beobachten können“, erklärt Bert de Groot, Forschungsgruppenleiter am MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften. Die Kontrolle dafür, dass diese Simulationen korrekt sind, ist, dass sie präzise mit den durch die Patch-Clamp-Methode gemessenen Ionenströmen übereinstimmen müssen. Und genau hier hakte es in bisher durchgeführten Simulationen: Sie stimmten nicht genau mit den experimentell gemessenen Strömen überein.
Fast 50 Jahre nach Entwicklung der Patch-Clamp-Technik gelang es dem Team um de Groot in Kooperation mit Forschenden an der Queen Mary University London (Großbritannien) die experimentell gemessenen Ströme durch Ionenkanäle präzise zu berechnen. Mithilfe von atomistischen Molekulardynamik-Simulationen, bei denen die sogenannte effektive elektronische Polarisation mit einbezogen wurde, konnte das Forschungsteam die Genauigkeit dieser Berechnungen deutlich verbessern.
Den Forschenden gelang es mit diesen verbesserten Berechnungen zum ersten Mal, realistisch abzubilden, wie Kaliumionen einen Kaliumkanal passieren und wie anderen Ionen der Zutritt erfolgreich verwehrt wird. Wie genau die Passage der Ionen durch den Kanal erfolgt, war bislang umstritten. Während frühere Daten darauf hindeuteten, dass die einzelnen Kaliumionen durch Wassermoleküle im Kanal getrennt werden, lassen die aktuellen Ergebnisse von de Groots Team darauf schließen, dass sich bis zu vier Kaliumionen beim Durchqueren des Kaliumkanals wie auf einer Perlenschnur aneinanderreihen.
„Das ist überraschend, denn die Ionen müssten sich aufgrund ihrer positiven Ladung eigentlich gegenseitig abstoßen“, erklärt Chenggong Hui, Erstautor der jetzt im wissenschaftlichen Fachmagazin PNAS erschienenen Studie. „Diese höchst ungewöhnliche Anordnung ist sowohl die Grundlage für den effizienten Ionenfluss als auch für die strikte Selektivität des Ionenkanals für Kalium. Sie verhindert auch, dass kleinere Ionen wie Natrium den Kanal durchqueren“, so Hui. Da Ionenkanäle wichtige Angriffspunkte für Medikamente sind, sei ein Verständnis ihrer Funktion von großer Bedeutung für die Pharmaforschung.
Link: https://www.mpinat.mpg.de/5020600/pr_2511 | https://idw-online.de/de/news852556
Originalpublikation: Hui, C.; de Vries, R.; Kopec, W.; & de Groot, B.: Effective polarization in potassium channel simulations: Ion conductance, occupancy, voltage response, and selectivity. PNAS (20. Mai 2025).
https://doi.org/10.1073/pnas.2423866122
Hand2 und nachwachsende Gliedmaßen: Positionscode der Wunderlurche gefunden
IMBA – Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften GmbH
Mit seiner faszinierenden Fähigkeit, Gliedmaßen und innere Organe komplett nachwachsen zu lassen, ist der mexikanische Axolotl das ideale Modell für die Erforschung von Regeneration. Wissenschaftler:innen aus dem Labor von Elly Tanaka am Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien haben nun eine bahnbrechende Entdeckung gemacht: sie fanden jenes Signal, das Zellen mitteilt, welcher Teil des Arms regeneriert werden soll – und nutzten es gleich, um die Identität der Zellen während ihrer Entwicklung neu zu programmieren. Die Studie wurde heute in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.
Der Axolotl lebt in einem trüben See in der Nähe von Mexiko-Stadt, umgeben von aggressiven und kannibalischen Nachbarn. Der Salamander läuft hier ständig Gefahr, ein Bein oder den Schwanz an einen hungrig knabbernden Nachbarn zu verlieren. Glücklicherweise wachsen verlorene Gliedmaßen von Axolotln nach und sind innerhalb von acht Wochen wieder funktionsfähig. Diese Fähigkeit machten den „Wunderlurch“ zum Star der Regenerationsforschung.
Die nachwachsenden Körperteile müssen ihre Position im Axolotl-Körper genau kennen, um die richtige Struktur für eine bestimmte Stelle zu regenerieren. Jener lange gesuchte Code, der den Zellen ihre Position verrät und dadurch den Körperteilen ihre Identität verleiht, wurde nun von Elly Tanaka und ihrer Gruppe am IMBA, dem Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften am Vienna BioCenter in Wien, geknackt. Im Fachjournal Nature zeigen die Wissenschaftler:innen, dass Zellen beim Verlust einer Gliedmaße ein Signal einschalten, das über eine Seite der nachwachsenden Struktur ausstrahlt und damit die Position codiert.
Sobald die Regeneration beginnt, bilden Stammzellen auf der vorderen Seite (der Seite des Daumens) das Signalmolekül FGF8, während die Stammzellen der hinteren Seite (kleiner Finger) das Molekül Shh bilden. Diese beiden Signale verstärken sich gegenseitig und weisen die Zellen an, zu wachsen und den sich regenerierenden Arm zu formen – eine frühere Entdeckung des Labors von Tanaka.
„Was wir nicht wussten, war, welche Signale dafür sorgen, dass FGF8 und Shh während der Regeneration an den beiden Seiten der Gliedmaße eingeschaltet werden. Also die Grundlage für die Positionsinformation,“ erklärt Leo Otsuki, Erstautor der Studie.
Axolotl haben sehr große und komplexe Genome, und genetische Werkzeuge, die für andere Modellorganismen zur Verfügung stehen, fehlen für Axolotl oft. Erst jüngste Fortschritte bei diesen molekularen Werkzeugen ermöglichten es den Wissenschaftler:innen, systematisch nach Signalstoffen zu suchen.
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Die Fähigkeit, die Identität von Zellen zu verändern, birgt ein immenses Potenzial für Tissue Engineering, den Nachbau von Geweben im Labor, und für regenerative Therapien. Dieses Konzept könnte es Wissenschaftlern ermöglichen, Zellen in verschiedenen Teilen des Körpers eine neue Identität zu geben und Gewebe gezielt zu verändern.
„Die Fähigkeit, Zellen etwa nach einer Verletzung umzuwandeln und ihre Funktion zu ändern, ist für Anwendungen in regenerativen Therapien von entscheidender Bedeutung“, betont Otsuki. „Es macht es auch leichter, mit kleinen Modellen für Organe, sogenannten Organoiden, zu arbeiten und Gewebe zu entwickeln: Wir kennen jetzt die Signale, die Zellidentitäten steuern und können damit ihre Regenerationsleistung steigern. Die Nutzung solcher Signale könnte es ermöglichen, Zellen über ihre normalen biologischen Grenzen hinaus zu bringen.“ Die Zellen könnten damit völlig neue Aufgaben übernehmen – eine aufregende Perspektive für medizinische Innovationen.
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Originalpublikation: Leo Otsuki, Sarah A. Plattner, Yuka Taniguchi-Sugiura, Francisco Falcon, Elly M. Tanaka:
„Molecular basis of positional memory in limb regeneration”. Nature, 2025. https://www.nature.com/articles/s41586-025-09036-5